Zu Beginn betete das Kirchenoberhaupt stehend still vor dem Hauptaltar. Wegen seines Knie- und Hüftleidens verzichtete der Papst darauf, sich wie in der Liturgie an dieser Stelle vorgesehen auf dem Boden auszustrecken.
Im Mittelpunkt des Karfreitags steht die Erinnerung an das Leiden Jesu und seinen Tod am Kreuz. So wird beim Evangelium in verteilten Rollen die komplette Passion Jesu aus dem Johannesevangelium vorgetragen. Der Prediger des Papstes, Kapuzinerpater Raniero Cantalamessa, kritisierte in seiner Ansprache aktuelle religiöse und theologischen Debatten, Sünden der Kirche und den Krieg in der Ukraine.
Kritik am Kreuzweg im Kolosseum
Der traditionelle Kreuzweg am Freitagabend erfolgt dieses Jahr erstmals wieder mit einer größeren Teilnahme von Gläubigen am Kolosseum in Rom. Meditationstexte zu der Feier, die den Weg Jesu zum Kreuz aus der Sicht heutiger Menschen betrachtet, verfassten mehrere Familien in unterschiedlichen Lebenssituationen.
Im Vorfeld gab es Kritik daran, dass eine Ukrainerin und eine Russin das Kreuz auf einem Teil des Kreuzwegs gemeinsam tragen sollen. Beide leben und arbeiten als Krankenpflegerinnen in Rom. Der griechisch-katholische Großerzbischof von Kiew, Swjatoslaw Schewtschuk, erklärte, "Gesten der Versöhnung" seien erst dann wieder möglich, "wenn der Krieg beendet ist und die Verantwortlichen für Verbrechen gegen die Menschlichkeit" verurteilt seien.
Jerusalem feiert wieder mit Pilgern
Unterdessen fanden in der Jerusalemer Altstadt unter hohen Sicherheitsvorkehrungen die traditionellen Kreuzwegprozessionen statt. Erstmals seit Beginn der Pandemie schlossen sich auch wieder ausländische Pilger dem Kreuzweg an. Viele Menschen trugen im Gedenken an den Kreuzestod Jesu schwarze Trauerbinden.
In diesem Jahr fallen die christlichen Osterfeiern, das jüdische Pessachfest und der islamische Fastenmonat Ramadan zusammen. Am Zugweg kam es zeitweise zu Gedränge und Auseinandersetzungen zwischen Christen und Muslimen, die zum zweiten Freitag im Ramadan auf den Tempelberg strömten. Aufgrund der islamischen Mittagsgebete fand die Prozession auf polizeiliche Anordnung früher statt als üblich.
Karfreitag nicht frei von Gewalt und Zusammenstößen
Am Freitagmorgen kam es auf dem Tempelberg zu Zusammenstößen zwischen Palästinensern und israelischen Polizisten, bei denen laut Medienberichten mindestens 155 Menschen verletzt wurden. Israelische Polizisten drangen demnach in die Al-Aksa-Moschee ein, nachdem palästinensische Steinewerfer sich dort verbarrikadiert hatten. Nach Polizeiangaben wurden hunderte Personen festgenommen. Die Spannungen am Tempelberg hatten sich verschärft, nachdem eine radikale jüdische Gruppe für die Durchführung eines rituellen Pessachopfers auf dem Tempelberg geworben hatte.
Auf den überwiegend katholischen Philippinen war der Karfreitag erstmals seit Beginn der Corona-Pandemie wieder von Kreuzwegprozessionen und vollen Kirchen geprägt. Die traditionelle Nachstellung der Kreuzigung Christi in San Pedro Cutud nördlich von Manila war jedoch auch in diesem Jahr aufgrund der Pandemie untersagt, wie philippinische Medien berichteten. Auf der Inselgruppe der Visayas stand der Karfreitag im Zeichen des Tropensturms Megi, der vergangenen Sonntag über das Land hinweggefegt war. Die Zahl der Toten stieg laut offiziellen Angaben auf 180; mehr als 920.000 Menschen sind laut der Katastrophenschutzbehörde von der Naturkatastrophe betroffen.