Zum Jahrestag des NSU-Anschlags auf der Kölner Keupstraße

"Christliche Botschaft gegen Rassismus"

Vor 16 Jahren haben Rechtsextremisten in der Kölner Keupstraße eine Nagelbombe gezündet. Mit einer Gedenkkundbegung wird am Dienstag an die Opfer erinnert. Das Thema habe an Aktualität nichts verloren, sagt Gregor Stiels vom Katholikenausschuss. 

Gedenken an die Opfer des NSU-Anschlags in der Kölner Keupstraße / © Roberto Pfeil (dpa)
Gedenken an die Opfer des NSU-Anschlags in der Kölner Keupstraße / © Roberto Pfeil ( dpa )

DOMRADIO.DE: In diesen Tagen gehen ja weltweit Menschen auf die Straßen, um Zeichen gegen den Rassismus und gegen Polizeigewalt zu setzen. Kann sich die Gedenkkundgebung zum Anschlag auf der Keupstraße heute da direkt mit einreihen? 

Gregor Stiels (Vorsitzender des Kölner Katholikenausschusses): Leider ja. Denn es ist ja immer wieder derselbe Anlass, dass einfach Rechtsextremismus und Terror da sind, die den Menschen viel Leid zufügen. Und immer dann, wenn schlimme Ereignisse passieren, gehen die Menschen auf die Straße. Das heißt, auch wenn es schon 16 Jahre her ist, hat das Thema an Aktualität und Brisanz nichts verloren. 

DOMRADIO.DE: Es ist ja wirklich erschreckend, wie viele rassistisch motivierte Gewalttaten man auch einfach so aus dem Kopf aufzählen kann. Der Mord an Walter Lübcke zum Beispiel, die Taten in Halle und in Hanau. Was ist denn die Aufgabe von Christen in diesem Antirassismuskampf? 

Stiels: Ganz klar, die christliche Botschaft zu transportieren. Und zwar nicht nur an unsere Mitchristen und an die Menschen in dieser Stadtgesellschaft, sondern auch an unsere Partner aus den Islamverbänden und der Synagogengemeinde. Wir hören ja ganz oft - und das ist ja auch richtig so - dass wir nicht über diese Menschen, sondern mit ihnen reden sollen. Und das tun wir auch als Katholikenausschuss.

Unabhängig von diesen ganzen Jahrestagen und großen Demos sind wir auch das ganze Jahr über in wichtigen Gesprächen mit den Islamverbänden und der Synagogengemeinde oder auch beim Runden Tisch für Integration, um mit Migranten-Selbstorganisationen zu sprechen, über Erfahrungen, die sie auch im Alltag mit Rassismus machen. 

DOMRADIO.DE: Köln hat eine unheimlich multikulturelle Stadtgesellschaft und kämpft sehr entschlossen gegen jede Form von Rassismus. Ist denn das, was hier vor Ort bei uns passiert, für Sie zufriedenstellend? 

Stiels: Es ist sehr viel, und es ist sehr gut. Man sieht ja, es kann nie genug sein, weil Rassismus ja immer noch sehr präsent ist in unserem Alltag. Aber ich bin schon ein bisschen stolz darauf, was wir in Köln hinkriegen.

Wir haben sehr viele Bündnisse, die sehr schnell reagieren, wenn irgendwas in diese Richtung passiert. Wenn rechte Gewalt wieder hier ist, sind wir sehr schnell. Und wir sind, auch als Kirche, in intensiven Gesprächen mit unseren Partnern, was man so in der Öffentlichkeit nicht immer mitbekommt. Das läuft schon sehr gut, wie ich finde. 

DOMRADIO.DE: Können Sie sagen, was Sie sich präventiv ganz konkret wünschen, auch von Katholiken zum Beispiel. Wie können und müssen wir heute Rassismus im Alltag vorbeugen und begegnen? 

Stiels: Es ist ja immer schwierig mit der Zivilcourage. Man muss sich immer gut überlegen, wenn man rassistische Äußerungen hört - in der Familie, im Umfeld, in der Arbeitswelt, in der Schule: Habe ich die Courage und den Mut, aufzustehen, meinen Mund aufzumachen und zu sagen, das geht so nicht, das darfst du so nicht sagen, das ist rassistisch? Darum geht es. Und es geht darum, Kinder, Jugendliche und Erwachsene zu stärken, diesen Mut zu haben, aufzustehen.

Das Interview führte Verena Tröster.


Gregor Stiels / © Viola Kick (DR)
Gregor Stiels / © Viola Kick ( DR )
Quelle:
DR