Kardinäle würdigen Grundgesetz

"Christliches Menschenbild spürbar"

Zum 70. Geburtstag des Grundgesetzes hat Reinhard Kardinal Marx dessen religiöse Grundlegung hervorgehoben. Rainer Maria Kardinal Woelki meint: "Bis heute können wir sehr stolz auf diesen Text sein!"

Die Kardinäle Woelki und Marx - und Jesus / © Schomaker (KNA)
Die Kardinäle Woelki und Marx - und Jesus / © Schomaker ( KNA )

Schon die Präambel sei "außerordentlich christlich geprägt", betonte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz. Noch mehr als in der Anrufung Gottes sei dies in Artikel eins von der unantastbaren Würde jedes Menschen der Fall. "Da ist das christliche Menschenbild spürbar", betonte der Erzbischof von München und Freising am Mittwochabend in einem Vortrag in Erfurt. Die vom Grundgesetz festgeschriebene Menschenwürde nehme Bezug auf die biblische Schöpfungsgeschichte.

Infolge dessen sei auch der Auftrag an den Staat zur Förderung einer solidarischen Gesellschaft "stark von der christlichen Botschaft geprägt", sagte Marx. Er rief die Christen auf, sich auch für den Erhalt einer offenen und toleranten Gesellschaft zu engagieren.

"Was können die Kirchen dem Staat anbieten?"

Es gebe sie erst seit wenigen Jahrzehnten und die Frage, ob sie auf Dauer Bestand habe, sei offen. Der Staat könne die Voraussetzungen einer freien Gesellschaft nicht garantieren, so der Kardinal unter Berufung auf eine viel zitierte Aussage des Staatsrechtlers Ernst-Wolfgang Böckenförde. Eine solche Gesellschaft könne es nur geben, wenn sich die Bürger freiwillig dafür einsetzten.

Marx sprach zum Abschluss der von Erfurts Bistumsakademie und Katholisch-Theologischer Fakultät organisierten "Erfurter Kreuzganggespräche". Die dreiteilige Reihe stand dieses Jahr unter dem Thema "Nun sag, wie hast du's mit der Religion". Marx äußerte sich zur Frage: "Was können die Kirchen dem Staat anbieten?"

"Stolz auf diesen Text"

Der Kölner Erzbischof Rainer Maria Kardinal Woelki sagte der Bonner Rundschau: "Das Grundgesetz wurde vor 70 Jahren eigentlich als "provisorische Verfassung" verabschiedet." Es sei bis heute zum Glück ein Text geblieben, der weit über sich hinausweist: "Weil es einem am Boden liegenden Volk wieder Hoffnung gegeben hat. Weil es schon damals an der Wiedervereinigung Deutschlands festgehalten hat. Und vor allem, weil es nach der gerade erlebten Erfahrung der Unmenschlichkeit - nicht nur in Artikel l - anerkennt, dass Gesetze nicht ohne Begriffe wie den einer unantastbaren "Würde" jedes Menschen auskommen, die auf etwas Ewiggültiges, Transzendentes verweisen. Bis heute können wir sehr stolz auf diesen Text sein!"


Quelle:
KNA