DOMRADIO.DE: Am Aschermittwoch wird die Fastenzeit eingeläutet. Als sichtbares Zeichen werden in den Gottesdiensten die Aschenkreuze vergeben. Einige Kirchen haben umgedacht und bieten das Kreuz auch jenseits der Messen an. Wie kann man sich das vorstellen?
Dr. Werner Kleine (Pastoralreferent von der katholischen Citykirche in Wuppertal): Wir haben die Aktion im vergangenen Jahr zum ersten Mal angeboten. Wir haben in Oberbarmen eine kleine Dependance, zusammen mit der katholischen Pfarrgemeinde St. Johann Baptist. In diesem Stadtteil gibt es das "Berliner Plätzchen", eine kirchliche Anlaufstelle unweit des berühmt-berüchtigten Berliner Platzes.
Am Aschermittwoch werde ich dort um 12 Uhr - wenn der Angelus läutet - eine Andacht im Freien halten. Dann werden wir das Aschekreuz im Rahmen der Andacht an die Anwesenden austeilen. Danach werde ich mit der Gemeindereferentin über den Berliner Platz gehen, da ist heute auch Wochenmarkt. Bei den Passanten, die es möchten, können wir auch dort das Aschekreuz erteilen.
DOMRADIO.DE: Wie reagieren die Menschen auf Sie?
Kleine: Das ist sehr interessant. Im vergangenen Jahr sind uns Menschen hinterher gelaufen, die extra auf den Berliner Platz gekommen waren. Sie hatten gesagt, dass sie es nicht in die Heilige Messe schaffen würden. Deswegen waren sie extra zum Berliner Platz gekommen, um dort von uns das Aschekreuz zu erhalten.
DOMRADIO.DE: Wie kamen Sie auf die Idee zu sagen, wir gehen aus der Kirche raus auf den Platz in Wuppertal?
Kleine: Das ist eine Art der pastoralen Zugehensweise, die wir seitens der katholischen Citykirche Wuppertal seit 2004 pflegen. Wir sind immer wieder im Rahmen von Aktionen auf den Straßen und Plätzen der Stadt unterwegs. Vergangenes Jahr hatte ein Mitarbeiter des "Berliner Plätzchens" die Idee, ob man nicht am Aschermittwoch eine solche Aktion machen könnte. Er hat bei mir offene Türen eingerannt. Und so haben wir das im vergangenen Jahr erstmals angeboten - und sehr großen Zuspruch erhalten. Diese positive Erfahrung hat uns dazu bewogen, die Aktion in diesem Jahr zu wiederholen.
DOMRADIO.DE: Wenn der Mensch nicht in die Kirche kommt, dann kommt die Kirche zum Menschen. Brauchen manche Traditionen einfach etwas "Werbung"?
Kleine: Ich glaube, wir müssen unsere Botschaft wieder selber in die Welt hineintragen. Wir haben uns lange darauf verlassen können, dass die Menschen sonntags in die Kirche kommen und wir dort das Evangelium verkünden können. Das ist ja seit einigen Jahrzehnten nicht mehr so.
Wenn ich in die Heilige Schrift schaue, dann ist Jesus mit den Aposteln oder den 72 Jüngern permanent unterwegs. Er schickt die 72 Jünger aus, damit sie in den Städten seine Ankunft vorbereiten und ankündigen. Er selber predigt auch von den Straßen und Plätzen der Stadt, er kehrt auch in Häuser ein. Dieses unterwegs sein zu den Menschen und nicht darauf warten, dass die Menschen zu uns kommen - das ist etwas, was wir aus der Bibel lernen können und was wir in Wuppertal versuchen, umzusetzen.
Das Gespräch führte Verena Tröster.