DOMRADIO.DE: Warum haben Sie sich gegen eine Absage entschieden?
Marc Frings (Generalsekretär des Zentralkomitees der Deutschen Katholiken / ZdK): Wir haben natürlich über den Sommer genau abgewogen und mit vielen Akteuren gesprochen – natürlich auch mit der Politik der Stadt Frankfurt und dem Land Hessen und mit unseren vielen ehrenamtlich Mitwirkenden, die jetzt schon sehr dazu beitragen, dass dieser Ökumenischer Kirchentag ein Erfolg wird. Wir sind dann zusammen zu dem Ergebnis gekommen, dass wir unter Berücksichtigung der Regeln verantwortungsvoll auf dieses Event hinsteuern können: Das sind die Regeln, die jetzt im September 2020 für das Land Hessen gelten.
Unter diesen Bedingungen können wir weiterhin einen Ökumenischen Kirchentag gestalten – natürlich unter veränderten Bedingungen, aber weiterhin mit vielen Elementen, wie man sie von Katholiken- und evangelischen Kirchentagen kennt.
DOMRADIO.DE: Kleiner und digitaler soll der Ökumenische Kirchentag nun werden. Warum haben Sie ihn nicht komplett in die digitale Welt verschoben?
Frings: Einer der zentralen Aspekte eines Kirchen- oder Katholikentages ist ja die Begegnung. Die wird vielleicht in der Herzlichkeit, wie man es aus der Vergangenheit kennt, nicht möglich sein. Aber trotzdem finden wir, dass ein Ökumenischer Kirchentag weiterhin einen Ort braucht - und dieser Ort ist Frankfurt am Main. Dafür haben wir uns vor einigen Jahren entschieden und deswegen ist das auch weiterhin die zentrale Plattform des Kirchentages.
Wir wollen dezentral im gesamten Stadtgebiet Präsenz zeigen, wir wollen aber auch deutlich markieren, dass Kirche nicht nur wegläuft. Das war ja ein immer wiederkehrender Vorwurf in den vergangenen Pandemie-Monaten.
Wir wollen aber gleichzeitig für jene, die nicht kommen können oder wollen, eine Möglichkeit bieten, trotzdem auch in neuer Form teilzuhaben. Wir werden Teile unseres Programms streamen, aber auch neue Formen der digitalen Partizipation ermöglichen. Wir denken dabei an bis zu 20 Prozent unserer Veranstaltungen, sodass Partizipation in beide Richtungen möglich sein wird. Es geht nicht nur darum, passiv zu konsumieren, wenn man zuhause ist, sondern im digitalen Raum etwas Neues zu gestaltet. Insofern glaube ich, dass wir auch mittel- und langfristig als evangelische und katholische Veranstalter davon profitieren werden, hier etwas Neues zu erproben.
DOMRADIO.DE: Wichtig bei solchen Kirchentagen ist ja das Gemeinschaftsgefühl; das gemeinsame Beten und Singen. Wie kann das in Corona Zeiten trotz der Abstandsregeln und wahrscheinlich mit weniger Gesang funktionieren?
Frings: Wir haben da sehr konkrete Handreichungen. Zu den positiven Aspekten, die wir sehen, muss man natürlich auch die kritischen Aspekte dazulegen. Wie es im Moment aussieht, wird es das Singen und gemeinsame Musizieren in diesem Umfang nicht geben können - insbesondere in geschlossenen Räumen wird das nur sehr, sehr eingeschränkt möglich sein, zum Teil auch gar nicht. Wir können bei diesen Elementen natürlich noch kurzfristig nachsteuern. Wenn wir merken, dass sich bis zum Frühjahr die Situation entspannt, kann man hier gewiss noch mal nachlegen.
Im Augenblick müssen sich die Teilnehmer aber darauf einstellen, dass es dieses musikalische Erlebnis wie bei früheren Kirchentagen nicht in gewohnter Form geben wird. Aber wir sehen jetzt schon gewisse Freiräume, insbesondere für Open Air-Veranstaltungen; dort wird Musizieren eingeschränkt weiterhin auch möglich sein.
DOMRADIO.DE: Es soll auf dem ÖKT am Samstagabend sowohl evangelische Abendmahlsgottesdienste als auch katholische Eucharistiefeiern geben. Der Vatikan hat in einem aktuellen Schreiben gegenseitige Einladungen zur Mahlgemeinschaft ausgeschlossen. Ändert das für Sie etwas für den Ökumenischen Kirchentag und für die Planung?
Frings: Nein, das tut es erstmal nicht. Wir sind jetzt etwas leiderprobt, was Papiere aus Rom angeht. Wir hatten die Pfarrei-Instruktion während des Sommers. Jetzt kommt das Schreiben der Glaubenskongregation zum Thema Mahlgemeinschaft. Wir glauben weiterhin, dass die Gewissensentscheidung unserer Teilnehmenden respektiert werden muss. Insofern sehen wir keinen unmittelbaren Handlungsbedarf.
Die vom Vatikan kritisierte textliche Grundlage aus dem Ökumenischen Arbeitskreis ist ja an vielen Stellen diskutiert worden. Bischof Bätzing (Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz, Anm. d. Red.) hat sich gestern dazu geäußert. Er sagt, dass man sich der Kritik stellen wird. Aber ich glaube auch, dass wir - sowohl was die Amtskirche in Deutschland als auch und als Laienbewegung angeht - sehen werden, dass mehr Ökumene möglich sein wird – beim Ökumenischen Kirchentag im kommenden Mai und dass darauf auch die künftigen Katholiken und Kirchentage aufbauen können.
Das Interview führte Dagmar Peters.