Eltern können ihren Kindern nach Worten der Psychiaterin Michelle Hildebrandt ruhig etwas zutrauen. "Wenn sie das nicht tun, können diese Kinder zu Erwachsenen werden, die sich selbst auch nichts zutrauen", sagte die Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie der Katholischen Nachrichten Agentur (KNA). Dies könne wiederum anfälliger machen für Ängste und Depressionen.
In den vergangenen Jahren machten sich Eltern viele Gedanken darüber, welche Schäden eine zu strenge Erziehung anrichten könne, fügte Hildebrandt hinzu.
Lebenspraktische Fähigkeiten
"Manche eher überbehütet aufgewachsene Menschen erscheinen im direkten Kontakt durchaus selbstbewusst, haben aber Schwierigkeiten, wenn es um lebenspraktische Fähigkeiten geht. Wenn sie dann von zu Hause ausziehen, fallen einige in ein Loch, wenn sie von zu Hause ausziehen, weil die Unterstützung wegfällt und sie mit vielen Notwendigkeiten des Alltags überfordert sind."
Am Dienstag erscheint Hildebrandts Buch "Hochfunktionale Depression. Das übersehene Leiden".
"Bad news" erhöhen das Stresslevel
Ein weiterer Grund für ein steigendes Stresserleben sei eine "Flut von Schreckensmeldungen", mit denen man heute ständig und überall konfrontiert sei. "Belastungen gab es immer. Viele Generationen haben selbst Kriege erlebt, es gab Atomkatastrophen wie in Tschernobyl oder Terroranschläge wie am 11. September 2001", sagte Hildebrandt. Doch bis vor einigen Jahren habe es nicht permanent Eilmeldungen gegeben; angstbesetzte und niederschmetternde Themen seien gewissermaßen dosierter aufgetaucht.
Das Internet sei "eine tolle Sache", betonte die Expertin. Doch diese Art von Nachrichtenfluss "überfordert viele Menschen, sie haben das Gefühl, nicht mehr abschalten zu können." Zugleich steige das Bewusstsein für diese Form von Belastung.