Norwegische Diaspora ist arm, aber im Aufbruch

Das "achte Sakrament"

Unter fünf Prozent der Bevölkerung Norwegens gehören dem katholischen Glauben an. Hier kann man sehen, wie sich Kirche in einer säkularen Gesellschaft entwickelt. Mit allen Herausforderungen, Chancen und dem "achten Sakrament"...

Katholiken sind in der Diaspora nur eine Minderheit / © Oceans Away (shutterstock)
Katholiken sind in der Diaspora nur eine Minderheit / © Oceans Away ( shutterstock )

DOMRADIO.DE: Sie sind jetzt seit Jahren immer wieder in Norwegen unterwegs. Ist das für Sie eigentlich schon eine Routine geworden oder gibt es da immer noch was Überraschendes?

Msgr. Georg Austen (Generalsekretär des Bonifatiuswerks): Nein, es ist für mich keine Routine, sondern eine Selbstverständlichkeit, dass wir vom Bonifatiuswerk mit unseren Partnern hier in Nordeuropa den Kontakt intensivieren.

Spannend ist, dass wir erleben, wie sich sich katholische Kirche in einem säkularen Umfeld in einer Minderheitensituation entwickelt, wo sehr viele Menschen mit einem Migrationshintergrund die katholische Kirche bilden. Eine sehr junge Kirche, materiell arm, aber im Aufbruch begriffen. Und von daher gibt es immer etwas Neues zu entdecken.

DOMRADIO.DE: Norwegen ist ja auch ein sehr, sehr langes, großes Land. Jetzt sind Sie schon zwei Wochen unterwegs, vor allem auch weit im Norden. Da müssen sie auch unglaubliche Distanzen zurücklegen. Wie sind Sie denn da unterwegs? Ist das anstrengend, so zu reisen?

Austen: Es ist schon anstrengend - die Distanzen, die unterschiedlichen Betten - aber man erlebt eben auch sehr unterschiedliche Situationen von katholischer Kirche. Wir sind teilweise acht, neun Stunden gefahren. Für die Priester hier und für die Gläubigen ist es keine Seltenheit, zweieinhalb bis drei Stunden oben in Nordnorwegen zum Gottesdienst zu fahren.

Und wenn ich an Kirkenes denke, eine Stadt in Nord-Norwegen mit etwa 3400 Einwohnern, dort erlebt man Hauskirche, wo dann unten im Pfarrhaus im Keller der Gottesdienstraum ist. Wenn dann zwischen zehn und 20 Personen unterschiedlichster Nationalitäten zum Gottesdienst kommen und froh sind, mitfeiern zu können. Aber auch das achte Sakrament mitzuerleben, den Kirchenkaffee, wo man eben Glauben und Leben miteinander teilt, ist das schon sehr wichtig für die Menschen dort.

Und man erlebt natürlich hier auch, dass, wie bei uns in Deutschland, gerade auch die Pandemiezeiten durch Corona vieles unmöglich gemacht haben und man sich da eben auch in den Beziehungsfragen neu orientieren muss, auch in der Kirche. Aber die Entfernungen sind schon ein großes Problem hier.

DOMRADIO.DE: Was war das Beeindruckendste auf der Reise?

Austen: Für mich war beispielsweise die neue Kirche in Alta fast oben am Nordkap sehr beeindruckend, die das Bonifatiuswerk mit unterstützt hat. Wie mit ihren Kräften und dank der Spender und Spenderinnen dieser neue Raum mitgebaut worden ist.

Jetzt gerade bin ich in Trondheim. Dort wurde in Tautra das Kloster der Trappistinnen erweitert, weil sie sehr viel Nachwuchs haben. Ein wunderschönes Kloster, ein Ort des Gebetes, der Stille in einer wunderschönen Landschaft. Die Landschaften sind natürlich sehr beeindruckend, aber man bekommt eben auch mit, wie oft die Dunkelheit ein Problem für die Menschen ist.

Und was ich immer wieder beeindruckend finde: wie so viele Nationalitäten in der Kirche zusammenfinden, dort eine Beheimatung finden. Die Caritas ist hier im Aufbau. Das finde ich sehr beeindruckend, wie sich Ehrenamtliche engagieren und wo sie vom Glauben her gestärkt versuchen, in ihrer Situation etwas aufzubauen, für den anderen da zu sein.

Und wenn man hier hört, die katholische Kirche ist Nummer eins in den Fragen der Integration, beeindruckt mich das sehr. Jetzt bin ich gerade in der neuen Domkirche mit Bischof Varden zusammengekommen, ein 47-jähriger Bischof, der 2019 geweiht worden ist. Und man spürt hier auch etwas vom Aufbruch in Trondheim.

DOMRADIO.DE: Worüber haben Sie denn mit Bischof Varden gesprochen?

Austen: Wir haben über die Herausforderungen und auch seine Fragen und Chancen gesprochen. Wo er sagt, wir haben sehr viele junge Leute, wie können wir als Kirche auch einladend sein für junge Menschen, für Studierende. Wie können wir auch als Kirche miteinander in den verschiedensten Lebensmodellen, aber auch Lebensformen versuchen zusammenzufinden und auch gemeinsam nach außen hin ein Zeichen zu setzen, in dieser säkularen Gesellschaft.

Und wo er auch sagt, was er hier spürt und auch schätzt. Dass Menschen hier den Durst nach dem Wesentlichen haben in einer säkularen Gesellschaft. Und dass die Kirche hier lebendig ist mit allen Problemen, die es auch gibt. Es ist oft noch sehr priesterzentriert. Da ist die Frage, wie man auch Nicht-Priester befähigen und beauftragen kann.

Wie kann man mit diesen unterschiedlichen Sprachen umgehen? Was oft ein Problem ist, ist die Verständigung. Wenn über 100 Nationen zu einer Gemeinde und zu einem Bistum gehören, ist das eine Vielfalt, aber auch eine Herausforderung, die auch von ihm mit gesehen wird.

DOMRADIO.DE: Welche Projekte fördert das Bonifatiuswerk?

Austen: Bauprojekte oder pastorale Projekte. Donnerstag beispielsweise bin ich in Munkeby, wo ein neues Trappistenkloster weitergebaut werden soll. Wo die Trappisten Käse herstellen und sehr anerkannt sind. Ein neues Kloster aufbauen, also auch einen neuen Aufbruch wagen. Das ist auch schon für uns ein wichtiges Projekt in dieser Zeit, wo wir auch versuchen, mit unseren Kräften vom Bonifatiuswerk das zu unterstützen.

Das Interview führte Florian Helbig.


Georg Austen, Generalsekretär des Bonifatiuswerkes der deutschen Katholiken (Bonifatiuswerk)
Georg Austen, Generalsekretär des Bonifatiuswerkes der deutschen Katholiken / ( Bonifatiuswerk )

Im norwegischen Munkeby bringen Zisterzienser wieder monastisches Leben in die Region (Bonifatiuswerk)
Im norwegischen Munkeby bringen Zisterzienser wieder monastisches Leben in die Region / ( Bonifatiuswerk )

Prior Joel bespricht mit Msgr. Georg Austen die Pläne zur Erweiterung des Klosters Munkeby. (Bonifatiuswerk)
Prior Joel bespricht mit Msgr. Georg Austen die Pläne zur Erweiterung des Klosters Munkeby. / ( Bonifatiuswerk )
Quelle:
DR