DOMRADIO.De: Viele Anlaufstellen und Hilfsangebote sind dicht. Wie ist das bei Ihnen?
Markus Peters (Vorstand beim Sozialdienst Katholischer Männer (SKM) Köln): Ganz viele Angebote für wohnungslose Menschen und auch suchtkranke Menschen sind wieder oder immer noch offen. Wir haben sogar unsere Angebote versucht zeitlich auszuweiten. In Zeiten, wo drohende Gefahren der Ansteckung gegeben sind, haben wir natürlich auch ein bisschen umgestellt.
Wir machen jetzt keine Gruppenformate mehr in unseren Kontakt- und Beratungsstellen. Zum Beispiel bei Wohnungslosen sprechen wir immer auch ein bisschen vom "öffentlichen Wohnzimmer". Das mussten wir natürlich jetzt verändern. Aber, was wir nach wie vor machen, unsere Kontakt- und Beratungsstellen sind weiterhin zugänglich für alles, was man braucht, um sich aktuell mit dem Notwendigsten zu versorgen. Das Thema Essen, Dusche, Toilette, Post, die medizinische Versorgung in Kooperation mit dem Medizinisch-mobilen Dienst der Stadt Köln. All diese Angebote, natürlich auch das Thema Substitution, laufen weiter – und auch die Möglichkeit, den Drogenkonsumraum in Köln zu nutzen.
All diese Angebote werden von uns aufrechterhalten, zum Teil mit verlängerten Öffnungszeiten, damit wir – auch wenn einzelne Leute reinkommen – einfach annähernd die gleiche Menge wie sonst versorgen können. Das bedeutet natürlich, dass da ein enormes Engagement von unseren Mitarbeitenden an den Tag gelegt wird.
DOMRADIO.De: Es gibt aber auch Problemlagen, die durch diese Corona-Krise jetzt dazugekommen sind oder ausgebaut werden. Zum Beispiel die häusliche Gewalt oder Schuldnerberatung. Wie ist Ihre Erfahrung damit?
Peters: Das ist natürlich etwas, was wir befürchten, dass es jetzt enorm zunehmen wird. Wer die sozialen Medien verfolgt, der bekommt natürlich viele Hilferufe von Menschen mit, die sich der Gefahr ausgesetzt sehen, zum Beispiel ihren Job zu verlieren. Häufig sind das Aushilfsjobs in der Gastronomie, kombiniert mit einer Freiberuflichkeit oder Selbstständigkeit. Die sind ja finanziell häufig eh schon nicht auf Rosen gebettet, dann wird es knapp. Besonders jetzt zum Monatsende rückt das Thema Miete heran. Das sind einfach große Beträge, über die man da redet und das unterstützen wir mit einem Beratungsangebot.
Wir gucken dann gezielt, wie wir den Menschen helfen können, wenn es dann doch tatsächlich mal in Richtung Privatinsolvenz geht. Wie können wir ein Pfändungsschutzkonto einrichten? Wie können wir beim Thema Miete und bei der Beantragung von Sozialleistungen helfen? Das Angebot gibt es weiterhin. Wir haben natürlich hier auch versucht, die Kontaktflächen zwischen unseren Mitarbeitenden und den Klienten und Klientinnen zu reduzieren und versuchen vor allen Dingen, telefonisch und online miteinander in Kontakt zu sein.
DOMRADIO.De: Aktuell ist die Gefahr besonders groß, dass es auch zu schweren Konflikten bis hin zu Fällen häuslicher Gewalt kommen kann. Was tun Sie da?
Peters: Ich will nicht sagen, das erklärt sich von alleine. Aber ich glaube, jedem ist verständlich nach diesen zehn Tagen, wo jetzt das öffentliche Leben sehr zum Erliegen gekommen ist, dass gerade, wenn man mit mehreren Personen zuhause ist, das Aggressionspotenzial steigt. Das heißt auch, dass das Potenzial für Gewalt in der Beziehung massiv zugenommen hat.
Man konnte das sogar aus Berichten aus China entnehmen, dort ist es gestiegen und das befürchten wir auch. Deshalb bieten wir als Sozialdienst Katholischer Männer insbesondere ein Beratungsangebot für potenzielle Täter und auch männliche Opfer von häuslicher Gewalt. Das ist etwas, was bislang ein ganz großes Tabu ist, dass auch Männer Opfer von häuslicher Gewalt werden. Darüber hinaus hat beispielsweise der Sozialdienst Katholischer Frauen (SKF) natürlich seine langjährig bewährten Beratungsangebote für Frauen, die zu Opfern häuslicher Gewalt werden.
Das Interview führte Verena Tröster.