Auch ein Papst hat eine Familie. Den jungen Jorge Mario Bergoglio verband eine besonders liebevolle Beziehung mit seiner Großmutter Rosa Magherita. Verschiedentlich erinnerte er daran, wie sie seinen Glaubensweg geprägt hat. Mit großer Dankbarkeit denkt er an seine Eltern Mario Bergoglio und Regina Maria Sivori. Rückblickend bekennt er: "Ich hatte die Gnade, in einer Familie aufzuwachsen, in der der Glaube auf einfache, konkrete Weise gelebt wurde." Von seinen vier Geschwistern lebt in Argentinien nur noch Maria Elena, mit der er regelmäßig telefoniert. Auch zu seinen 16 Nichten und Neffen pflegt er eine besondere Verbindung.
In den nun inzwischen mehr als neun Jahren seines Pontifikats schenkte er dem Thema der Familie besondere Aufmerksamkeit. Diesem Thema widmete er in den Jahren 2014 und 2015 gleich zwei Bischofssynoden. Aus ihnen ging sein apostolisches Schreiben "Amoris laetitia" über die Freude der Liebe in der Familie hervor. Eine kontroverse Diskussion reduzierte es auf eine Fußnote, in der wiederverheiratet Geschiedenen in Ausnahmefällen die Möglichkeit eröffnet wird, die Kommunion zu empfangen.
Auslegung des Hohelieds der Liebe
Doch Franziskus entfaltet in dem Schreiben eine ganze Theologie der Familie und der ehelichen Liebe. Das Geheimnis der christlichen Familie stellt er in das Licht der unendlichen Liebe des himmlischen Vaters, die sich in Jesus Christus geoffenbart hat. Im zentralen vierten Kapitel legt er umfassend das Hohelied der Liebe aus dem ersten Korintherbrief aus. In einer ganz neuen kirchlichen Sprache äußert er sich auch zu Sexualität und erotischer Liebe, die als Geschenke wahrgenommen, würdevoll behandelt, aber auch genossen werden sollen.
Anlässlich des fünften Jahrestags von Amoris laetitia hat Papst Franziskus Ende 2020 ein "Jahr der Familie" ausgerufen. Es hat am 19. März 2021 begonnen und endet mit dem Weltfamilientreffen vom 22. bis 26. Juni 2022 in Rom. Franziskus will, dass die vielen Aspekte des Lehrschreibens rezipiert und möglichst vor Ort auch umgesetzt werden. Dabei dürfe in der Sexualmoral die Logik der Ausgrenzung und Verurteilung nicht länger den Weg der Kirche bestimmen.
Sie soll moralische Gesetze nicht wie Felsblöcke auf Menschen werfen, die einem Ideal nicht in allem entsprechen, sondern sie dazu einladen, auf dem Weg der Liebe die Schritte weiterzugehen, die sie in ihrem Gewissen als jetzt mögliche Antwort auf den Ruf Gottes erkennen. Selbstkritisch gesteht Franziskus im Blick auf die bisherige Lehre und Praxis der Kirche ein: "Wir stellen der Barmherzigkeit so viele Bedingungen, dass wir sie gleichsam aushöhlen und sie um ihren konkreten Sinn und ihre reale Bedeutung bringen, und das ist die übelste Weise, das Evangelium zu verflüssigen."
Franziskus: Handys bleiben in der Tasche
Doch Franziskus belässt es nicht bei theologischen und geistlichen Überlegungen, sondern er hat in seinen Predigten und Ansprachen auch sehr lebensnahe praktische Tipps für das Zusammenleben in der Familie: Beim gemeinsamen Essen sollten die Handys in der Tasche bleiben. "Es ist traurig, eine Familie beim Mittagessen zu sehen, jeder mit seinem oder ihrem eigenen Mobiltelefon."
Um im Ehealltag die gegenseitige Liebe und den Respekt zu erhalten, empfiehlt er die drei Worte: "Darf ich?", "Danke" und "Entschuldigung". Jungen Paaren sagte er bei einer Audienz, es sei nicht schlimm, wenn in einer Ehe mal die Teller fliegen. Entscheidend sei, dass man nie den Tag beende, ohne sich zu versöhnen.