Wer etwa einen Obdachlosen auf der Straße sehe, solle nicht darüber nachdenken, ob dieser betrunken sei, sondern sich vielmehr selbst fragen: "Ist mein Herz verhärtet?", sagte das Kirchenoberhaupt am Sonntag bei seinem Mittagsgebet auf dem Petersplatz. Die Fähigkeit zur Barmherzigkeit sei der "Eckstein des Christen, ja der Lehre Jesu".
"Wenn du angesichts eines Bedürftigen keine Barmherzigkeit spürst, wenn dein Herz nicht angerührt wird, dann heißt das: Irgendetwas stimmt nicht. Passen wir auf! Lassen wir uns nicht von einem egoistischen Mangel an Sensibilität hinreißen!", so der Papst wörtlich.
Das "große Gebot Gottes" der Barmherzigkeit
Franziskus ging bei seinen Ausführungen von der Bibelerzählung des barmherzigen Samariters aus. Dieser nimmt sich eines Verletzten an, den zuvor ein Priester und ein Levit, also gläubige Menschen, ignoriert hatten - wahrscheinlich um sich nicht mit seinem Blut zu verunreinigen. Sie hätten so jedoch eine menschliche Regel wichtiger angesehen als das "große Gebot Gottes" der Barmherzigkeit, so der Papst. Das Beispiel des Samariters sei daher auch ein Aufruf, Vorurteile zu überwinden. Es zeige, "dass auch ein Ausländer, auch wenn dieser den wahren Gott nicht kennt und dessen Tempel nicht besucht, in der Lage ist, sich nach Gottes Willen zu verhalten, Mitgefühl mit seinem Bruder in Not zu haben und ihm mit allen ihm zur Verfügung stehenden Mitteln zu helfen", sagte Franziskus.