Kölner Dombaumeister Füssenich zum Brand in Notre-Dame

"Das ist sehr, sehr schmerzlich, sie in Flammen zu sehen"

Gotische Kathedrale, Weltkulturerbe und Wahrzeichen der Stadt: Notre Dame und den Kölner Dom verbindet viel. Eine erste Einschätzung zu den Meldungen aus Paris des Kölner Dombaumeisters Peter Füssenich.

Dachstuhl von Notre Dame in Flammen / © Benoit Tessier (Reuters)
Dachstuhl von Notre Dame in Flammen / © Benoit Tessier ( Reuters )

DOMRADIO.DE: Herr Dombaumeister, was war Ihr erster Gedanke, als Sie die Bilder von der brennenden "Notre-Dame" in Paris gesehen haben? 

Dombaumeister Peter Füssenich hoch über den Dächern des Kölner Doms. / © Beatrice Tomasetti (DR)
Dombaumeister Peter Füssenich hoch über den Dächern des Kölner Doms. / © Beatrice Tomasetti ( DR )

Dombaumeister Peter Füssenich: Das ist eine der großen französischen Kathedralen. Das ist sehr, sehr schmerzlich, sie in Flammen zu sehen. Ich schreibe auch schon mit den Kollegen aus Frankreich, aus Straßburg. Sie sind genauso entsetzt und verfolgen das ganze Elend gerade vor dem Fernseher.

DOMRADIO.DE: Offensichtlich ist nun der Turm in der Mitte des Gebäudes eingestürzt.

Füssenich: Ja, das ist wahrscheinlich der Vierungsturm. Ich habe das nicht verfolgt in den Nachrichten, aber man kann sich vorstellen. Offenbar breitet sich der Brand im Dachstuhl aus. Wir können wirklich nur hoffen, dass die Feuerwehr vor Ort das Ganze in den Griff bekommt und vor allem keine Menschen zu Schaden kommen. Das sind erschütternde Bilder.

DOMRADIO.DE: Wie kann man sich denn so etwas vorstellen? Es ist wohl bei Renovierungsarbeiten passiert. Wie könnte es dazu gekommen sein?

Füssenich: Aus der Ferne ist das natürlich nur sehr schwer festzustellen und man kann auch nur spekulieren. Ich kann einen vergleichbaren Brand in Düsseldorf vor einigen Jahren in der Kirche Sankt Peter erwähnen. Da hat man bei Dachsanierungsarbeiten mit einem Gasbrenner gearbeitet. Es gab eine Verpuffung, dann hat sich eine Staubexplosion entwickelt und dadurch hat sich der Brand unglaublich schnell im Dachstuhl ausgebreitet. Der steht dann innerhalb von Sekunden in Flammen. Das kann mitunter sehr, sehr schnell gehen, wenn da ein Brandherd aufkommt, vor allem bei einem hölzernen Dachstuhl.

DOMRADIO.DE: Ist es immer so, dass es bei solchen Kirchen ein hölzerner Dachstuhl ist?

Füssenich: Nein, da kann man nicht immer von ausgehen. In St. Peter in Düsseldorf war es zum Beispiel ein Eisendachstuhl, aber auch Holzplanken und viele Holz-Bauteile sind da eingebaut. Aber kein Dachstuhl – weder ein Holz- noch ein Eisendachstuhl – hat eine Chance gegen solche Flammen.

DOMRADIO.DE: Wie wird die Feuerwehr bei einem solchen Brand vorgehen?

Füssenich: Üblicherweise wird versucht, die Flammen ganz schnell zu ersticken. Bei einem so großen Brand dauert das mitunter Stunden, bis der unter Kontrolle ist. Und wie es im Moment aussieht, ist das noch lange nicht so.

DOMRADIO.DE: Es ist natürlich schwer, schon jetzt etwas zum Schaden zu sagen, lässt der sich beziffern?

Füssenich: Es ist ein immenser Schaden, der ist einfach gar nicht zu beziffern. Man wird auch schauen müssen, ob die Gewölbe standhalten, wenn große Mengen an Wasser beim Löschen da eingesetzt werden. Es könnte auch sein, dass die einstürzen. Da will man sich gar nicht ausmalen, was dann in Gefahr ist: Die originale Ausstattung der Kirche, die Fenster und so weiter.

DOMRADIO.DE: Denken Sie an irgendwas ganz besonderes, im Hinblick auf die Ausstattung?

Füssenich: Wie alle Kirchen aus dieser Zeit sind ja noch einige originale Bauteile vorhanden. Vor allem die Chor-Schranken sind sehr bedeutend. Man kann aber nur hoffen, dass da keine Menschen zu Schaden gekommen sind.

Das Interview führte Martin Korden.  

Notre-Dame de Paris

Die Pariser Kathedrale Notre-Dame / © Catarina Belova (shutterstock)
Die Pariser Kathedrale Notre-Dame / © Catarina Belova ( shutterstock )

Die frühgotische Pariser Bischofskirche Notre-Dame ist ein Wahrzeichen von Paris. Vielen gilt sie als Inbegriff von Frankreichs Kathedralen. Die der Gottesmutter Maria geweihte Kirche liegt exponiert auf der Seine-Insel Ile de la Cite im historischen Zentrum und wurde vor dem Großbrand von 2019 jährlich von rund 12 bis 14 Millionen Menschen besucht.

Quelle:
DR