DOMRADIO.DE: Das ist wirklich ärgerlich, wenn man sich nach einer Absage im vergangenen Jahr jetzt freut auf die große Feier und wieder vor dieser Unsicherheit steht, oder?
Regina Oediger-Spinrath (Referentin in der Ehe- und Beziehungspastoral im Rhein-Erft-Kreis): Es ist sehr ärgerlich. Es gibt ja Paare, die haben vom Frühjahr 2020 auf den Winter verschoben und mussten wieder absagen. Jetzt bekommen sie zum Beispiel in diesem Jahr für die Sommermonate, die ja vielleicht in Frage kommen, überhaupt keine Location.
Es geht ja nicht nur um den Kirchraum, sondern auch um die Location, in der sie weiterfeiern möchten. Manche haben den Atem, aber es ist sehr sehr ärgerlich, weil immer wieder sehr viel Vorbereitung im Detail drinsteckt, wie sie es machen wollen, wer eingeladen wird, wie die Dekoration aussehen soll und was es zu Essen gibt.
Und immer wieder müssen die Einladungen zurückgezogen werden. Die Karten sind ja mit viel Liebe gestaltet worden. Das ist ein ganz großes Fest, sich auf den langen Weg machen mit vielen Verwandten und lieben Freunden und Freundinnen zu feiern. Das ist total ärgerlich und tut echt weh. So die Ehe anzufangen ist natürlich noch einmal doppelt schwer.
DOMRADIO.DE: Wir leiden alle mit den Paaren, aber damit sind ja auch Kosten verbunden. Der ganze Geschäftszweig der Hochzeitsindustrie leidet. Kann auch der emotionale Druck die Paare an die Grenzen bringen? Wie sieht da Ihre Erfahrung aus?
Oediger-Spinrath: Ja, ich glaube das kann an Grenzen bringen. In der Corona-Pandemie hocken wir ja auch sehr eng aufeinander. Ich habe Paare in einem Onlineseminar erlebt, die waren alle noch relativ guter Dinge, obwohl sie im April schon einen Termin haben, was ja fast nicht möglich ist. Sie sind ja nicht am Beginn ihrer Beziehung, sondern sind schon lange miteinander unterwegs. Zwei oder fünf und manchmal zehn Jahre.
Das hängt natürlich auch von deren Resilienzfaktoren ab. Es gibt Leute, die waren relativ guter Dinge und dachten "Wenn es nicht klappt, dann verschieben wir nochmal." Für manche Paare, bei denen es vielleicht für den einen Partner nicht so wichtig ist, die Trauung auch nochmal kirchlich zu feier.,Das ist unterschiedlich. Ich glaube das kann man nicht über einen Kamm scheren. Ich glaube auch, dass da Paare an ihre Grenzen kommen, gerade wenn man vielleicht miteinander ringen musste, ob man kirchlich überhaupt heiratet oder nicht.
DOMRADIO.DE: Sie haben gerade Onlineseminar gesagt. Das heißt, Sie helfen dort Paarbeziehungen zu stärken in solchen Seminaren?
Oediger-Spinrath: Nein, in den Seminaren selber nicht. Das ist jetzt so die Idee. Wir bieten ja Seminare an für Menschen, die heiraten: "Ehe wir uns trauen". Da haben wir natürlich alle Präsenzveranstaltungen absagen müssen, einschließlich der Osterferien. Und da haben wir jetzt auch schon Onlineangebote, wo wir einfach die Paare treffen und auch sagen, dass wir einfach über Ehe und Partnerschaft miteinander mit kreativen Methoden ins Gespräch kommen, wenn sie gar keinen festen Hochzeitstermin haben.
Per Zoom-Meeting geht ja heutzutage vieles. Wir bringen die Paare miteinander ins Gespräch, aber wir machen keine Beratung. Das machen die Ehe-, Familie- und Lebensberatungen, die bieten mittlerweile Onlineberatungen an. Dort dürfen ja auch keine Präsenzveranstaltungen angeboten werden. Da gibt es Video- und Telefonberatung. Da wenden sich wahrscheinlich jetzt nicht die meisten von ihnen dran. Ich glaube, dass die meisten das ganz gut hinkriegen, weil einfach noch viel Liebe im Spiel ist, viel Lebenslust und Kraft, aber an Grenzen kommen werden sicher manche auch. Das ist sicher nicht von der Hand zu weisen.
DOMRADIO.DE: Nochmal fokussiert auf die katholische Trauung, die christliche Eheschließung, auf das Sakrament: Was raten Sie: Geht es darum, das jetzt schon klein zu feiern, weil das Sakrament wichtig ist oder zu warten bis man das so richtig besiegeln kann mit einem rauschenden Fest?
Oediger-Spinrath: Ich glaube da gibt es keine Patentlösung. Natürlich kenne ich ein Paar, die haben die Taufe nur als Paar gefeiert, weil sie wollten, dass das Kind getauft wird. Das große Fest soll dann später nachgeholt werden. Bei der Trauung ist das schwierig. Das kann man natürlich auch machen. Der Gottesdienst ist ja möglich in bestimmten Kirchen, sogar bis zu 70 Menschen.
Aber es ist ihnen auch wichtig diese Lebensfreude, diese Liebe, die immer größer ist als die Paarbeziehung, mit ihren Liebsten zu feiern. Das sagt ja auch die Kirche, dass diese Liebe über die Paarbeziehung hinausgeht. Für einige ist das Sakrament allerdings so wichtig, dass sie diesen Abschnitt des gemeinsamen Weges vor Gott und mit Gott und mit einigen Stellvertretenden aus ihrem Kreis feiern. Die lassen dann das Fest erstmal fallen.
Viele möchten aber beides miteinander verbinden. Die Lieben sollen auch im Gottesdienst dabei sein und es wird mit Freunden gefeiert. Das kann ich gut nachvollziehen. Da gibt es keine Lösung. Natürlich wäre es schade, wenn wir ganz davon abkämen, weil ich finde, dass es einfach sehr trägt.
Der Schritt, sich vor Gott zu trauen ist ja heute ein mutiger Schritt für ein Paar. Sie besiegeln ihre Liebe vor Gott und ich fände es schade, wenn sie diese Erfahrung alleine machen müssten. Ich wünsche den Paaren, dass sie den langen Atem behalten und die Zuversicht, dass sie sich nicht davon abwenden, diesen Schritt vor Gott zu tun.
Das Interview führte Tobias Fricke.