DOMRADIO.DE: Merken auch bei Ihnen in Andechs, dass die Deutschen Bier mit Umdrehungen deutlich seltener trinken als vor ein paar Jahren?
Martin Glaab (Pressesprecher des Klosters Andechs): Bei uns ist der Trend zwar sichtbar, aber nicht so ausgeprägt. Es hat damit zu tun, dass unsere Bockbiere zu unserem Markenkern gehören. Die haben sich in den letzten Jahren auch in einem schwierigen Markenumfeld gut behauptet.
Die Bockbier-Tradition steht bei uns im heiligen Berg Bayerns in Verbindung mit der ganzjährig stattfindenden Wallfahrt, der Ältesten in Bayern. Da bieten wir unsere Bockbiere das ganze Jahr über an.
DOMRADIO.DE: Trotzdem bieten Sie aber auch alkoholfreies Bier an, oder?
Glaab: Ja, das ist richtig. Schon seit längerer Zeit bieten wir auch alkoholfreies Bier an. Wir haben uns schon 2015 intensiv mit dem Gedanken beschäftigt. 2016 haben wir ein alkoholfreies Weißbier auf den Markt gebracht mit einer Technologie, die damals im Mittelstand noch völlig unerprobt war.
Wir haben das Bier mit einer niedertemperaturigen Umkehrosmose-Technik entalkoholisiert. Die führt letzten Endes dazu, dass der Geschmack im Bier bleibt, auch wenn das viel Zeit und viel Aufwand kostet.
DOMRADIO.DE: Welche Sorten ohne Promille haben Sie mittlerweile im Angebot?
Glaab: Wir haben neben dem alkoholfreien Weißbier seit Februar dieses Jahres auch ein alkoholfreies Helles bei uns am Start. Es freut uns sehr, dass das alkoholfreie Helle auch sehr gut angenommen wird.
DOMRADIO.DE: Ist dieser Markt mit alkoholfreiem Bier ein wachsendes Segment, auch aus Ihrer Sicht? Wollen Sie da noch stärker investieren?
Glaab: Wir sehen uns in der Tradition klösterlicher Innovation. Das heißt, dass wir unsere Brauer immer wieder dazu ermutigen, weiter auszuprobieren. Guckt, was man in diesem Sudhaus und in dieser Brauerei noch alles machen kann.
Das braucht Zeit, aber unsere Brauer sind ständig am Experimentieren. Davon dringt erst mal nichts nach draußen, aber gut Ding will Weile haben.
DOMRADIO.DE: Was zeigt der stärkere Zuwachs bei alkoholfreiem Bier aus Sicht Ihrer Klosterbrauerei?
Glaab: Es zeigt, dass sich die Bedürfnisse der Menschen wandeln. Was sich nicht wandelt, ist aus unserer Erfahrung die Nachfrage nach einer gewissen Form von Beheimatung und Gastfreundschaft. Dass Menschen das mit dem hier gebrauchten Bier verbinden, freut uns besonders.
Zumal wir als Klosterbrauerei mit einem aktiven, lebendigen klösterlichen Eigentümer die Geschichte des Heiligen Berges mit reinlegen können. Jeder, wo auch immer er die Flasche Bier in die Hand nimmt, kann dieses Andechser Gefühl verkosten.
DOMRADIO.DE: Bier aus Andechs ist am Heiligen Berg Bayerns gebrautes Bier. Die Patres sehen das als Ausdruck benediktinischer Gastfreundschaft. Macht es überhaupt einen Unterschied, ob das dort gebraute Bier mit oder ohne Alkohol genossen wird?
Glaab: Der Punkt ist, glaube ich, dass man mit diesem Gefühl und mit diesem Bier ein Erlebnis verbindet. Wir haben 800.000 bis 900.000 Besucher bei uns am Heiligen Berg jedes Jahr.
Wir sind davon überzeugt, dass das, was wir ins Bier hineinlegen, all das wieder wachruft, was Menschen hier bei uns am Heiligen Berg an Gastfreundschaft und an Kulinarischem erlebt haben. Das ist das Pfund, womit wir wuchern.
DOMRADIO.DE: Anders als in vielen anderen Klosterbrauereien treffen die Mönche in Andechs alle Entscheidungen über Ihre Brauerei bis heute selbst. Welche Meinung vertreten die Mönche zum Thema alkoholfreies Bier?
Glaab: Wenn die Mönche zu alkoholfreiem Bier kein positives Verhältnis hätten, gäbe es diese beiden alkoholfreien Biere bei uns am Heiligen Berg nicht.
Das Interview führte Hilde Regeniter.
Kloster Andechs
Das Kloster Andechs, von weither sichtbar auf dem Heiligen Berg über dem Ostufer des Ammersees gelegen, ist der älteste Wallfahrtsort Bayerns und seit 1850 Wirtschaftsgut der Benediktinerabtei Sankt Bonifaz in München.
