Vom Fußballprofi zum Priester

"Das war nicht mein Plan, das war der Plan des Herrn"

Wenn die Bundesliga startet, interessiert das den Priester Patrick Kaesberg nur am Rande. Aber es gab andere Zeiten: Nach dem Abi startet er als Fußballprofi durch - bis Gott dazwischen funkt. Eine Berufung auf Umwegen.

Autor/in:
Gabriele Höfling
Ein Fußball auf einem Spielfeld / © Bogdan Kovenkin (shutterstock)
Ein Fußball auf einem Spielfeld / © Bogdan Kovenkin ( shutterstock )

Im Fußball war seine Position hinten im defensiven Mittelfeld, als Sechser. Heute ist Patrick Kaesberg ganz woanders zu finden: vorne in der Kirche, genauer gesagt am Altar. Den Job als Fußballprofi hat der 35-Jährige an den Nagel gehängt und wurde Priester. 2019 wurde er geweiht. Statt auf dem Platz verbringt der gebürtige Paderborner seine Zeit jetzt bei der Messfeier oder als Seelsorger. Doch von der Fußballkluft bis zum Priesterkragen war es ein weiter Weg.

"Der Plan des Herrn"

Mit Anfang 20 genoss Kaesberg das Leben als Profi in der dritten Liga in vollen Zügen. Mitte der "Nuller Jahre" spielte er zuerst bei Darmstadt 98 und dann bei der zweiten Mannschaft von Alemannia Aachen. "Geld, Sex, Karriere, Macht - ich bekam auf dem Silbertablett all das serviert, von dem uns die Gesellschaft suggeriert, dass es glücklich macht", sagt er. Täglich Fußball spielen, viel Freizeit haben und am Ende des Monats gutes Geld dafür bekommen - direkt nach dem Abi erscheint Kaesberg das wie die Erfüllung aller Träume.

Aber ganz tief drin nagt etwas an ihm. "Viel Freizeit kann man für Sinnvolles oder auch Unsinniges nutzen", erinnert er sich. Irgendwann wird klar: Zu einem Aufstieg in die zweite oder erste Liga reicht es leistungstechnisch nicht. Aber Kaesberg will das schillernde Fußballer-Leben auch nicht mehr. Dass ausgerechnet der Priesterberuf das Ziel ist, schiebt er von sich weg. "Das mit dem Priestersein, das war nicht mein Plan, das war der Plan des Herrn. Ich habe mich lange gewehrt", sagt er und lacht.

Mehrere Schlüsselerlebnisse

Im Nachhinein sieht der Mann mit den kurzen blonden Haaren und den blauen Augen gleich mehrere Schlüsselerlebnisse - wie ein Puzzle, das sich langsam zusammenfügt. Da ist der Nachmittag, an dem er sich wie zufällig zum ersten Mal Gedanken macht über eine Zeile aus dem Vaterunser, die er vorher schon unzählige Male heruntergerattert hat: "Dein Wille geschehe". Kaesberg, 22 Jahre alt, beschließt, sein Leben künftig wirklich nach dem Willen Gottes zu leben. "Ich wusste schon, das wird gefährlich. Aber gleichzeitig brauchte ich ein Zeichen, was das nun bedeutet".

Irgendwann besucht er einen Sprachkurs in Südafrika. Zum Abschied bittet er eine Ordensfrau für ihn zu beten, dass er die richtige Frau fürs Leben finde. Die willigt ein - bittet Kaesberg aber, auch offen zu sein, falls Gott andere Pläne mit ihm habe. "Sie hat nichts vom Priestersein gesagt, und doch war mir sofort klar, was sie meint."

Berichte von Berufenen

Die Augen öffnet ihm dann ein Heftchen mit Berichten von Berufenen. Sie schreiben, dass sie ihre Berufung zunächst so erlebt hätten, als würde Gott ungebeten an ihre Tür klopfen. Kaesberg fühlt sich sofort angesprochen: "Du weißt, wer das ist, aber Du sagst ihm: Klopf mal lieber woanders. Das war genau das, was bei mir innerlich ablief." So ist es für manche aus Kaesbergs Umfeld weniger überraschend als für ihn selbst, dass sich schließlich der Wunsch nach dem Priestersein herausschält. Sogar seine frühere Freundin hatte sich schon so etwas gedacht. Als sich Kaesberg für das Theologiestudium entscheidet, ist die Beziehung zwar schon zerbrochen. "Aber sie meinte, sie wusste schon immer, dass Priestersein vielleicht mein Weg ist."

Priester in schwierigen Zeiten

Nach dem Theologiestudium arbeitet er nun in Netphen im Kreis Siegen-Wittgenstein in Nordrhein-Westfalen als Vikar - sonst auch unter der Bezeichnung "Kaplan" bekannt. Mitten in einer großen Krise hat er sich für ein Leben in der Kirche entschieden. Auch er ist entsetzt über Missbrauchsskandale und bedauert Austrittswellen. An seiner Berufung ändert das aber nichts: "Ich könnte 100 Gründe nennen, aus der Kirche auszutreten. Aber es gibt einen Grund, nicht auszutreten. Das ist eben, weil es kein menschlicher Verein ist, sondern weil es die Kirche Gottes ist."

Mitglied im örtlichen Fußballverein in Netphen ist er noch. Wenn jetzt die Rückrunde der Bundesliga startet, interessiert ihn das aber nur am Rande. Der Sport spielt in Kaesbergs Leben nicht mehr so eine wichtige Rolle. Die Begeisterung für seinen Beruf als Priester ist dafür schon durch das Telefon zu hören. Das Schönste sei für ihn die Vielfalt, Menschen aus ganz unterschiedlichen Situationen zu treffen, sagt er: "Ich sitze nie acht Stunden einfach im Büro." Neulich, da fuhr Kaesberg direkt vom Kindergarten zu einer sterbenden Frau und spendete ihr die Krankensalbung, betete mit den Angehörigen. "Das ist dann die ganze Bandbreite des Lebens in einer oder eineinhalb Stunden". Und da ist sie ja doch, die Parallele zum Fußball.


Patrick Kaesberg / © Thomas Throenle/Erzbistum Paderborn (KNA)
Patrick Kaesberg / © Thomas Throenle/Erzbistum Paderborn ( KNA )
Quelle:
KNA
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