Vatikan interveniert in Kommunion-Debatte um Joe Biden

"Das wird niemals passieren"

Der Vatikan pfeift die Hardliner in der Bischofskonferenz der USA bei ihrem Versuch zurück, katholischen Politikern wegen deren Haltung zur Abtreibung die Kommunion zu verweigern. Umsicht sei geboten.

Autor/in:
Thomas Spang
Joe Biden und seine Frau Jill in einem Gottesdienst / © Evan Vucci (dpa)
Joe Biden und seine Frau Jill in einem Gottesdienst / © Evan Vucci ( dpa )

Der Brief des Präfekten der Glaubenskongregation an den Vorsitzenden der US-Bischofskonferenz hat es in sich. Damit dieser nicht in der Schublade von Erzbischof Jose Gomez verschwindet, ging er in Kopie an alle Bischöfe und das Jesuiten-Magazin "America". Das vom 7. Mai datierende Schreiben von Kardinal Luis Ladaria traf im Vorfeld der Frühjahrstagung der US-Bischöfe ein, auf der ein Dokument zur "Würdigkeit des Kommunionempfangs" beraten werden soll.

Eine Gruppe konservativer Bischöfe versucht auf diesem Weg einen Beschluss herbeizuführen, der US-Präsident Joe Biden, einen Katholiken, wegen seiner Haltung zur Abtreibung von der Kommunion ausschließen soll. Dasselbe würde der Sprecherin des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, und anderen demokratischen Politikern widerfahren, die es ablehnen, ihre persönlichen Überzeugungen zum Gesetz zu machen.

Einheit der Bischöfe untereinander wahren

"America" fasst den Inhalt des Schreibens mit einem Satz zusammen: "Übereilt nicht die Debatte über Kommunion, Politiker und Abtreibung." Der Kardinal schlug ein zweistufiges Verfahren vor, das darauf angelegt sein müsse, die Einheit der US-Bischöfe untereinander und mit der gesamten katholischen Kirche zu wahren.

Die Formulierung einer nationalen Linie könne "angesichts ihres möglicherweise strittigen Charakters den gegenteiligen Effekt haben und zu einer Quelle der Zwietracht und nicht der Einheit innerhalb des Episkopats und der Kirche in den Vereinigten Staaten werden", schrieb Ladaria.

Wenn es gelinge, einen "wirklichen Konsens" zu entwickeln, müssten die jeweiligen Ortsbischöfe den Dialog mit den katholischen Politikern suchen. Vorher gelte es zu prüfen, ob es sinnvoll sei, Politiker als einzelne Gruppe herauszugreifen oder das Thema des Sakramentenempfangs auf alle Gläubigen zu beziehen.

Abtreibung und Euthanasie nicht die einzigen Angelegenheiten

Besonders dürfte die Initiatoren der Abstimmung bei der Frühjahrstagung wurmen, dass der Präfekt der Glaubenskongregation ausdrücklich nicht die Ansicht teilt, Abtreibung falle in eine eigene Kategorie, die besonders drastisches Durchgreifen der Bischöfe erforderlich mache.

"Es wäre irreführend", schreibt Ladaria, "wenn eine solche Erklärung den Eindruck erweckte, dass Abtreibung und Euthanasie allein die einzigen schwerwiegenden Angelegenheiten der katholischen Moral- und Soziallehre darstellen, die die volle Rechenschaftspflicht seitens der Katholiken erfordern."

Vergifteter Glückwunsch vom Konferenzvorsitzenden

Vorangetrieben wird die Initiative zum Kommunionempfang von Politikern vom Vorsitzenden des Lebensschutz-Ausschusses in der Bischofskonferenz, Joseph Naumann. Er argumentiert, das Problem mit Biden ergebe sich just aus seinem Bekenntnis zur katholischen Kirche: "Wie kann er sagen, dass er ein frommer Katholik ist, und gleichzeitig Dinge tun, die im Widerspruch zur Lehre der Kirche stehen?"

So sieht es auch der San Franciscos Erzbischof Salvatore Cordileone, der Anfang Mai ein Pastoralschreiben veröffentlichte, in dem er "die Kooperation mit dem moralisch Bösen" kritisierte. Kardinal Raymond Burke, ehemaliger Chef des Obersten Gerichtshofs der katholischen Kirche, forderte gar Bidens Exkommunikation. Obwohl dieser anders als sein Vorgänger Donald Trump bei der Todesstrafe, Einwanderung und Rassismus auf einer Linie mit der Kirche liegt, schlägt ihm von bestimmten Bischöfen ein wenig freundlicher Ton entgegen.

Bei der Herbsttagung der Bischofskonferenz im November erhielt der frisch gewählte Präsident einen vergifteten Glückwunsch vom Vorsitzenden. Biden untergrabe mit seiner Politik "die oberste Priorität" der Kirche, Abtreibungen zu beenden, erklärte Erzbischof Gomez und setzte eine Arbeitsgruppe ein.

Washingtoner Erzbischof will Kommunion nicht verweigern

Obwohl Biden-Sympathisanten unter den Bischöfen in der Minderheit sind, ist die Konferenz weit von dem aus Rom geforderten Konsens entfernt. Nach dem Kirchenrecht fällt die Frage des Sakramentenempfangs in die Zuständigkeit Ortsbischofs, im Fall von Biden der Erzbischof von Washington, Kardinal Wilton Gregory. Er sieht keinen Grund, dem Präsidenten die Kommunion zu verweigern.

Andere Bischöfe nehmen ebenfalls Abstand von einem Kommunion-Ausschluss. Bischof Robert McElroy von San Diego meint, man dürfe die Eucharistie nicht als Waffe gebrauchen. Der Kolumnist Michael Sean Winters der Zeitschrift "National Catholic Reporter" war sich schon vor der Intervention aus Rom sicher, dass die Konservativen die Zwei-Drittel-Mehrheit für eine Annahme ihrer Initiative nicht bekommen: "Das wird niemals passieren."


Luis Francisco Ladaria Ferrer  / © Riccardo De Luca (dpa)
Luis Francisco Ladaria Ferrer / © Riccardo De Luca ( dpa )
Quelle:
KNA
Mehr zum Thema