Bundesfamilienministerin Katarina Barley (SPD) hat den Vorstoß der SPD-Fraktion für eine Lockerung des sogenannten Werbeverbotes für Abtreibungen gegen Kritik verteidigt. "Es geht nicht um Werbung für Schwangerschaftsabbrüche, es geht um sachliche Informationen von Ärztinnen und Ärzten, dass in ihren Praxen Schwangerschaftsabbrüche vorgenommen werden und wie diese durchgeführt werden", sagte Barley der Onlineausgabe der "Passauer Neuen Presse". Die SPD-Politikerin fügte hinzu: "Dass solche Sachhinweise, die Frauen dienen, sich gut zu informieren, derzeit unter Strafe gestellt sind, das ist doch absurd." Nahles spielte damit auf das kürzlich gefallene Urteil des Amtsgerichts Gießen an. Es hatte kürzlich eine Ärztin wegen unerlaubter Werbung für Schwangerschaftsabbrüche zu 6.000 Euro Strafe verurteilt.
SPD bemüht sich um fraktionsübergreifende Initiative
Die SPD will nun eine fraktionsübergreifende Initiative, um den entsprechenden Paragrafen 219a Strafgesetzbuch ersatzlos zu streichen, der Werbung für Abtreibungen verbietet. Barley sagte: "Wenn ein Zahnarzt auf seiner Homepage darstellt, wie eine Wurzelbehandlung abläuft, ist das auch keine Werbung für eine Wurzelbehandlung. Die Überschrift 'Werbung für Schwangerschaftsabbrüche' ist deswegen vollkommen irreführend", erklärte Barley weiter. "Wir leben nicht mehr in Zeiten, wo es darum gehen kann, Frauen Angst zu machen."
Union und Kirchen gegen Änderung des Abtreibungsrechts
Die Katholische Frauengemeinschaft Deutschlands (kfd) sprach sich unterdessen für die Beibehaltung des Paragrafen 219a und des Werbeverbots für Schwangerschaftsabbrüche aus. "Ein Schwangerschaftsabbruch ist kein normaler medizinischer Eingriff und daher nicht geeignet, um beworben zu werden", erklärte die kfd-Bundesvorsitzende Mechthild Heil in Düsseldorf. "Für Frauen sind Schwangerschaftskonflikte immer existenzielle Krisen, für die das Angebot der Beratung und Begleitung wichtig ist." Bei den anerkannten Beratungsstellen bekommen betroffene Frauen ergebnisoffen alle Informationen, die sie brauchen, so Heil weiter." Daher sollten Beratungsstellen für Frauen in Schwangerschaftskonflikten erste Ansprechpartnerinnen bleiben und nicht die Ärzte - so wie es das Gesetz vorsieht."
Paragraf 219a "integraler Teil des Schutzkonzepts"
Für die katholische Kirche stellt demnach eine mögliche Streichung des Werbeverbots für Abtreibungen das Gesamtkonzept des Abtreibungsrechts infrage. "Der Paragraf 219a im Strafgesetzbuch ist nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts integraler Teil des Schutzkonzepts", sagte der Leiter des Katholischen Büros in Berlin, Prälat Karl Jüsten, der Katholischen Nachrichten-Agentur am Mittwoch. Jüsten warnt vor einer Auflösung des sogenannten Abtreibungskompromisses. Aus der Schutzpflicht des Staates folgere das Bundesverfassungsgericht, "dass die Frauen ergebnisoffen, aber in Richtung des Schutzes des ungeborenen Lebens zu beraten sind." Der Logik dieser positiven Werbepflicht für das ungeborene Leben entspreche das Werbeverbot für die Abtreibung. "Nun an einen der Eckpfeiler der Lösung, der für den Schutz des ungeborenen Lebens so wichtig ist, die Axt anzulegen, hielte ich für verantwortungslos."