An einer Pin-Wand hängen Zettel mit Stichworten wie "Akzeptanz", "Doppelnutzung", "pastorale Chance", "Trauerbegleitung" oder "Veränderung der Bestattungskultur". Für Maria Hölscheidt sind das alles "Stichworte für das, was uns bewegt". Die Pastoralreferentin aus Datteln ist Mitorganisatorin des dritten Erfahrungstreffens, zu dem Träger von katholischen Grabes- und Urnenkirchen in Haltern zusammengekommen sind.
Mit diesem Angebot habe die Kirche "Neuland betreten", erläutert Hölscheidt bei dem an diesem Mittwoch zu Ende gegangenen Expertentreffen. Vor über zehn Jahren sei mit der Kirche Sankt Josef in Aachen das erste katholische Gotteshaus zu einer Grabeskirche umgebaut worden. Inzwischen habe sich diese Idee immer mehr durchgesetzt. Bundesweit gebe es 34 Grabeskirchen (Stand: 2015), davon über die Hälfte in katholischer Trägerschaft und die weitaus meisten in Nordrhein-Westfalen.
Wie stellt man eine Grabeskirche auf die Beine?
"Nach wie vor stellen sich uns viele Fragen", so Hölscheidt. "Wie stellt man eine Grabeskirche auf die Beine? Wer trägt die Last? Wie verhält sich das jeweilige Bistum zu solchen Plänen? Wie sieht ein professionelles Marketing aus?" Die Menschen wollten ihren Verstorbenen eine letzte Heimat geben, und dem böten die Grabeskirchen oder Kolumbarien Raum. "Damit muss man dann aber auch ordentlich umgehen", betont die Theologin. Notwendig sei ein tragfähiges pastorales Konzept, das von der Kirche mehr verlange als das Betreiben eines Friedhofs. Auch müsse man die gegensätzlichen Reaktionen - von begeisterter Zustimmung bis hin zu totaler Ablehnung - berücksichtigen.
Für das Kolumbarium Sankt Antonius in Datteln, für das Maria Hölscheidt selbst zuständig ist, gibt es eine klare inhaltlich-pastorale Ausrichtung: Bestattungs- und Erinnerungskultur, Trauerarbeit sowie regelmäßige Gebetszeiten und Veranstaltungen zu verschiedenen Schwerpunkten, etwa zum Thema Suizid oder zu Krisen und Katastrophen.
Szenenwechsel: Die Kolumbariumkirche Heilig Geist in Georgsmarienhütte-Oesede bietet in einer architektonisch ansprechenden und modernen Umgebung Platz für mehr als 1.000 Urnen - inmitten der Lebenden. Denn die Kirche wird nach wie vor für Gottesdienste genutzt. "Bei uns sind Leben und Tod, Vergangenheit und Zukunft miteinander verbunden", berichtet der Kirchenvorstandsvorsitzende Franz Hinrichsmeyer.
Inzwischen hätten auch Kritiker und Gegner des Gotteshaus-Umbaus zur Grabeskirche ihre Meinung geändert und zur Gemeinde zurückgefunden. "Wir sind wieder eine Gemeinschaft geworden", freut sich Hinrichsmeyer. Die Kolumbariumkirche wurde erst am 17. Dezember 2016 vom Osnabrücker Bischof Franz-Josef Bode eingeweiht.
Neuer Blick auf die Bestattungskultur
Eine positive Bilanz zieht auch Johannes Kollenda. Seit 2009 arbeitet er als Geschäftsführer des Kolumbariums Herz Jesu in Hannover. "Es ist spannend zu sehen, wie so etwas funktioniert, aber ich kann Ihnen versichern: Es funktioniert", unterstreicht Kollenda. Zugleich macht der Geschäftsführer deutlich, dass er die Interessenten für die 1.500 Urnenplätze direkt erreichen müsse und keinerlei Zuschüsse vom Bistum Hildesheim erhalte.
"Wir haben von Anfang an auf professionelle Vermarktung mit sehr viel Pressearbeit und regelmäßigen Anzeigen gesetzt", erklärt Kollenda. "Darüber hinaus finden bei uns hochkarätige kulturelle Veranstaltungen statt, die auch Leute anziehen, die sonst nie eine Kirche betreten würden." Dabei legt Kollenda Wert auf die Feststellung, dass die Preise für die Urnenplätze - zwischen 2.750 und 3.050 Euro - nur dem Erhalt des Kirchengebäudes und zur Deckung der Betriebskosten dienen.
Fazit: So unterschiedlich Konzept, Gestaltung, Finanzierung und Werbung bei den verschiedenen Grabeskirchen auch ausfallen können, so waren sich die Vertreter von 16 Kolumbarien aus Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen in einem Punkt alle einig: Die Urnenkirchen haben im Bewusstsein der Menschen und der katholischen Kirche viel verändert und den Blick ganz neu auf die Bestattungskultur gelenkt.