Was ist der Aprilscherz in Zeiten von Fake News noch wert? Auch katholische Bistümer und evangelische Landeskirchen haben es sich am Samstag nicht nehmen lassen, Medien und Mediennutzer aufs Glatteis zu führen. Viele Zeitungen und Medien in den skandinavischen Ländern hatten zuvor angekündigt, wegen der Fake-News-Debatte ganz auf Aprilscherze zu verzichten.
"Sensation perfekt: Früherer US-Präsident Obama kommt 2018 zum Katholikentag nach Münster" verkündete das Bistum Münster zum 1. April. Friedensnobelpreisträger Obama habe, ähnlich wie Papst Franziskus, spontan zum Telefon gegriffen und dem Pressesprecher des Bistums sein Kommen angekündigt. Auch Ex-First-Lady Michelle Obama wolle die Stadt des Westfälischen Friedens besuchen.
Werben mit einem weinenden Obama
Kein Scherz ist, dass das Bistum und das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) tatsächlich mit einem weinenden Obama für den kommenden Katholikentag werben. Das Christentreffen 2018 steht - 400 Jahre nach dem Ausbruch des verheerenden Dreißigjährigen Krieg - unter dem Leitwort "Suche Frieden".
Das Bistum Mainz, derzeit nach dem altersbedingten Rücktritt von Bischof und Kardinal Karl Lehmann derzeit ohne amtierenden Oberhirten, verbreitete am Samstag auf Twitter ein Video von der Sanierung des Bischofshauses. "Das Mainzer Bischofshaus wird familienfreundlich umgebaut, mit Kinderzimmern für den Fall der Fälle...", teilt darin ein Bauarbeiter mit. Schließlich habe Papst Franziskus davon gesprochen, dass künftig vielleicht auch Bischöfe heiraten dürften - was er nie gesagt hat.
April-Scherz-Contest
Die Evangelische Kirche im Rheinland schickte im Jubiläumsjahr der Reformation - wir könnte es anders sein - Reformator Martin Luther in den April-Scherz-Contest. "Sensationsfund im Jubiläumsjahr: Luthers Hammer aufgetaucht", hieß es in einer schon am Freitagabend mit Sperrfrist 00.01 Uhr verbreiteten Pressemitteilung. Hausmeister hätten bei Aufräumarbeiten den Original-Hammer gefunden, mit dem der Reformator Martin Luther am 31. Oktober 1517 seine 95 Thesen an die Tür der Schlosskirche zu Wittenberg nagelte.
So ganz wohl war es den Autoren mit diesem Scherz aber doch nicht: "Den Reformator mit dem Hammer gab es nicht" klärten die Düsseldorfer am Samstag dann doch lieber auf. Es hätte doch tatsächlich jemand die Meldung ernst nehmen können. Der - mehr oder weniger lustige - Aprilscherz lebt also. Und ist nach Meinung des Bayreuther Soziologen Georg Kamphausen doch in der Krise.
Fakten und Fiktionen im Netz
"Wir leben in Zeiten, in der die Glaubwürdigkeit vollständig auf den Hund gekommen ist. Also wir haben es extrem schwer, zwischen Fakten und Fiktionen zu unterscheiden", sagte er am Samstag im DeutschlandRadio Kultur.
Eigentlich gehe es beim Aprilscherz darum, die Grenzen dessen zu testen, was Menschen bereit sind zu glauben. Doch in Zeiten von Fake News werde es immer schwieriger, zwischen Fakten und Fiktion zu unterscheiden. Bei denen, die bewusst gefälschte Nachrichten verbreiteten, sei gewissermaßen das ganze Jahr über 1. April.
Dennoch rät Kamphausen davon ab, sich ganz von der Tradition des Aprilscherzes zu verabschieden. "Der Aprilscherz, könnte man sagen, ist ja so eine Art Demutstest", sagte er. "Also, ist man bereit, anzuerkennen, dass man nicht alles selbst wissen kann, dass man nicht über alles Wissen verfügt, um unterscheiden zu können, was wahr ist und was nicht wahr sein könnte?"