Der Bundestag befasst sich zum ersten Mal mit beiden Themen

Pro und Contra Babyklappen

Erstmals überhaupt hat sich der Bundestag mit Babyklappen und anonymen Geburten befasst. Bei der Aussprache zeigte sich die Koalition am Freitag gespalten. Rednerinnen von Union, FDP und Grünen plädierten für eine gesetzliche Regelung der anonymen Geburt noch in dieser Legislaturperiode. Dagegen äußerten Abgeordnete von SPD und Linkspartei massive Vorbehalte und nannten jede offizielle Zulassung verfassungswidrig.

 (DR)

Anlass für die 30-minütige Aussprache war die Anfang Dezember vorgelegte Antwort der Bundesregierung auf eine Große Anfrage der FDP-Fraktion. Darin äußerte die Regierung deutliche Vorbehalte gegenüber anonymen Geburten. Bereits in den vergangenen Legislaturperioden gab es Bemühungen um eine Regelung, die aber ergebnislos blieben. Im Koalitionsvertrag vereinbarten Union und SPD, sich mit dem Thema zu befassen. Bei einem Verbandssymposium Ende Januar in Berlin brachten Expertinnen massive Vorbehalte gegen die jetzige Praxis und jede Regelung anonymer Geburten vor.

Im Kern geht es beim Streit um die anonyme Geburt, bei der Frauen ohne Angabe ihrer Identität entbinden können. Damit soll das Leben der Kinder geschützt werden. Allerdings ist das Recht der Kinder, ihre eigene Abstammung zu kennen, gefährdet. Die Kritik an den rund 75 Babyklappen in Deutschland zielt vor allem darauf ab, dass die schwangere Frau in der Extremsituation alleine bleibt und ebenso wie das Kind gefährdet ist. Beide Angebote laufen derzeit ohne rechtliche Grundlage.

Die FDP-Frauenpolitikerin Ina Lenke rief dazu auf, fraktionsübergreifend nach einer Lösung zu suchen. Diese müsse der Verfassung Rechnung tragen, zugleich aber Frauen in extremen Notlagen helfen und die Lage der Ärzte berücksichtigen, denen Strafen drohten. Sie plädierte dafür, die jetzige Regelung abzuschaffen, nach der sich Mütter und Krankenhauspersonal im Falle einer anonymen Geburt strafbar machen.

Ähnlich äußerte sich die Unions-Frauenpolitikerin Maria Eichhorn (CSU). Sie sagte, das Lebensrecht komme vor dem Abstammungsrecht. Die Politik solle rechtliche Grauzonen "endlich beseitigen". Das würde auch dem Lebensschutz dienen. Anonyme Geburten seien beileibe kein Billigangebot, betonte Eichhorn und verwies auf Erfahrungen in Regensbug mit einem sogenannten Moses-Projekt. Dort bekennten sich 80 Prozent der Frauen nach einer anonymen Geburt und weiterer Begleitung später zum Kind.

Helga Lopez (SPD) warnte nachdrücklich vor einer gesetzlichen Regelung. Diese sei nicht nötig. Alle Beteiligten sollten sich um bessere Begleitung von Frauen kümmern, die ihr Kind anonym entbinden wollten. In keinem einzigen Fall von anonymer Geburt seien Mütter oder Ärzte juristisch belangt worden, deshalb brauche es auch keine Legalisierung, die dann verfassungswidrig wäre. Ähnlich betonte Barbara Höll (Linke), dass trotz anonymer Geburt und Babyklappe die Zahl der bekannt gewordenen Kindstötungen in den vergangenen Jahren nicht zurückgegangen sei. Man schaffe durch solche Angebote also offenbar neue rechtliche Probleme. Sie plädierte für sogenannte geheime Geburten, bei denen Schwangeren geholfen werde, die Kinder aber später Kenntnis über ihre Abstammung hätten. Zudem solle es mehr Informationen über legale Adoptionen geben, die die Gesellschaft auch besser akzeptieren solle. Als sehr kritisch bewertete sie es, wenn Werbekampagnen für Babyklappen finanziert werden könnten, aber immer weniger Geld für Aufklärungsangebote über legale Möglichkeiten vorhanden sei.

Die Grüne Irmingard Schewe-Gerigk äußerte die Überzeugung, dass das Recht auf Leben klar höher zu bewerten sei als das Recht auf Kenntnis der eigenen Abstammung. Den Kritikern warf sie Hysterie vor, mit der sie anonyme Geburten zu "staatlich legitimierter Babyentsorgung" hochstilisierten. Die Politik dürfe Ärzte und Frauen nicht allein lassen.