Kirchen halten weltweit über Internet und Telefon Kontakt zu Gläubigen

In der Corona-Krise suchen Menschen nach "geistlicher Nahrung"

Evangelische Kirchen erfahren weltweit durch die Corona-Krise einen digitalen Wandel. Die rheinische Kirche hat dazu ihre Partnerkirchen in Frankreich, Italien, USA und Namibia befragt.

Autor/in:
Thomas Krüger
Symbolbild Telefonieren / © Africa Studio (shutterstock)
Symbolbild Telefonieren / © Africa Studio ( shutterstock )

Mit Online-Gottesdienstangeboten und telefonischer Seelsorge reagieren Kirchen weltweit auf die Einschränkungen infolge der Corona-Krise. Im von der Pandemie besonders getroffenen Italien streamt die Waldenser-Kirche derzeit landesweit Gottesdienste über die Videoplattform "Zoom". Bis zu 400 Teilnehmer schalteten sich dazu, erzählt Pfarrerin Dorothea Müller von der Kirchenleitung der Waldenser aus Neapel.

Im Gegensatz zu Deutschland sind Gottesdienste in den italienischen Kirchen noch nicht wieder erlaubt. Auch Trauerfeiern auf Friedhöfen sind seit Beginn des Shutdowns verboten. Man versuche einen Teil des Gemeindelebens durch Medien-Angebote zu ersetzen, sagt Müller. "Die übrige Zeit sitzen wir ununterbrochen am Telefon, um den Kontakt mit den Gemeindegliedern aufrecht zu erhalten", berichtet die Theologin. Die vielen, teils auch schweren, aber immer inhaltsreichen Gespräche hätten auch sie selbst in der Krise ermutigt.

"Geistliche Nahrung" in unsicheren Zeiten

In der Vereinten Protestantischen Kirche Frankreichs haben die Gemeinden ihre neuen Kommunikationswege nach Alter und Lebenssituation organisiert. Teenager und Junge Erwachsene würden über die Sozialen Medien erreicht, sagt Claire Sixt-Gateuille, die in der französischen Kirche für internationale Beziehungen zuständig ist. Berufstätige und Familien erhielten E-Mails und über dem Messenger-Dienst WhatsApp Einladungen zum gemeinsamen Gebet. Ältere Menschen ohne Internetzugang werden laut der Theologin angerufen, manchmal auch in Telefonketten.

In den unsicheren Zeiten suchten die Menschen nach Sinn, stellte Sixt-Gateuille fest. Sie fragten nach Bibelarbeiten und Meditationen, wollten "geistliche Nahrung" erhalten, "um ihren Glauben zu stärken, ihr Hoffnung zu erneuern und ihre Nächsten zu lieben". Die Leute suchten auch nach Identifikationsfiguren in der Bibel, "die sich in Krisenzeiten auf Gott verlassen haben".

Unterschiedliche Handhabung in den USA

Telefon und Internet seien zum wichtigsten Kommunikationsmittel geworden, sagt auch Pfarrer Larry Smith von der US-amerikanischen United Church of Christ (UCC), zu der gut eine Million Mitglieder in mehr als 5.000 Gemeinden gehören. Er selbst verbringe viele Stunden am Hörer, um mit möglichst vielen Gemeindemitgliedern zu sprechen, erzählt der Pfarrer aus Spring Grove im Bundesstaat Pennsylvania. Außerdem sende er täglich E-Mails mit Kurzandachten, Gebeten und Musik.

Die UCC halte die vorgegebenen Kontaktsperren strikt ein und bietet keine öffentlichen Gottesdienste an, betonte Smith. Viele Gemeinden streamten ihre Gottesdienste. Die Bestattungen seien einfach gehalten, da nur höchstens zehn Personen anwesend sein dürften, schildert der Pastor. Für eine spätere Zeit denke die Kirche über Gedächtnisgottesdienste für die Verstorbenen nach.

Evangelikal-konservative Großkirchen in den USA mit mehreren tausend Gottesdienstbesuchern wollten sich dagegen ihre Versammlungen von der Regierung nicht verbieten lassen, gibt Smith die aufgeheizte Stimmung im Land wieder. Viele Gläubige hätten sich in deren Versammlungen infiziert.

"Kraft des Gebetes" in schwierigen Zeiten

In Namibia gibt es nach offiziellen Angaben bisher nur 16 Menschen, bei denen eine Ansteckung mit dem Coronavirus nachgewiesen wurde. Gottesdienste und Aktionen in den Gemeinden seien als Vorsichtsmaßnahme aber derzeit ausgesetzt, sagt der frühere Bischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche in der Republik Namibia, Ernst Gamxamub. Beerdigungsfeiern sind erlaubt, aber im kleinen Rahmen. Es dürften jeweils nur aufeinanderfolgende Gruppen von maximal zehn Menschen von den Verstorbenen Abschied nehmen, erklärt Gamxamub.

Der emeritierte Bischof äußerte sich besorgt, dass die Corona-Krise zu einer noch größeren Kluft zwischen Arm und Reich in dem südafrikanischen Land führen könnte. Die Schulen seien geschlossen, doch digitales Lernen sei für viele Kinder nicht möglich, weil ihre Familien über keinen Internetzugang verfügten, beklagt Gamxamub.

"In diesen Zeiten wird die Kraft des Gebetes deutlich sichtbar", erklärt der Theologe. Er selbst lese täglich mit seiner Familie in der Bibel, bete für die ganze Menschheit. "Und die schnelle Entdeckung eines Heilmittels gegen Corona."


Quelle:
epd