Der frühere US-Präsident kommt zum Kirchentag nach Berlin

Obama und die Religion

Ex-Präsident Obama ist niemand, der seine religiösen Überzeugungen vor sich her trägt. Dafür erntete er in der Vergangenheit stets auch Kritik. Nun stattet er dem Evangelischen Kirchentag in Berlin einen Besuch ab.

Barack Obama wird auf dem Evangelischen Kirchentag erwartet / © Made Nagi (dpa)
Barack Obama wird auf dem Evangelischen Kirchentag erwartet / © Made Nagi ( dpa )

Jimmy Carter und George W. Bush haben etwas gemeinsam. Beide früheren US-Präsidenten verstanden es, ganz selbstverständlich ihren christlichen Glauben in ihre Präsidentschaft einzuweben. Ex-Präsident Barack Obama tat sich damit schwerer. Er gehört nicht zu den regelmäßigen Kirchgängern, die öffentlich ihre Zugehörigkeit zu einer Religionsgruppe bekunden. Nun stattet Obama, der einer reformierten Kirche in den USA angehört, dem Deutschen Evangelischen Kirchentag, der Ende Mai in Berlin und der Lutherstadt Wittenberg stattfindet, einen Besuch ab.

Seine Zurückhaltung mag erklären, warum die US-Amerikaner auch nach acht Jahren Obama-Präsidentschaft noch immer diffuse Vorstellungen von dessen Religiosität hatten. In einer CNN-Umfrage aus dem siebten Jahr seiner Amtszeit sagten ein Viertel aller US-Bürger und 43 Prozent aller Republikaner, sie glaubten, der Präsident sei ein Muslim. Lediglich 39 Prozent wussten, dass Obama "ein Protestant oder anderer Christ" sei.

Als Erwachsener zum Glauben gefunden

Für Obamas Haltung zur Religion gibt es eine Reihe von Gründen. Zunächst seine Herkunft aus einem wenig religiösen Elternhaus. Sein abwesender kenianischer Vater war ein säkularer Muslim; Obamas alleinerziehende Mutter aus Kansas hatte wenig Bezug zu ihrer christlichen Herkunft. So fand Obama erst als Erwachsener zum Glauben. Den Prozess seines spirituellen Erwachens schildert er in seinen beiden autobiografischen Büchern. Es ging einher mit seinem Freiwilligen-Einsatz in der armen Southside von Chicago, wo er von christlich-sozialen Vorstellungen beeinflusst wurde.

Obama: "Jesus Christus für meine Sünden gestorben"

Vor seiner Präsidentenwahl 2008 gab Obama in einem Interview einen seltenen Einblick in seine Überzeugungen. Er glaube, "dass Jesus Christus für meine Sünden gestorben ist und ich durch ihn erlöst bin", sagte er. Aber das allein reiche nicht. Dazu gehöre die "Verpflichtung, nicht nur das Wort hochzuhalten, sondern durch Taten jene Erwartungen zu erfüllen, die Gott an uns hat".

Dieser Gedanke zieht sich wie ein Roter Faden durch die seltenen religiösen Einlassungen Obamas - etwa bei einer Würdigung des schwarzen Predigers Clementa Pinckney, der 2015 zusammen mit acht Gemeindemitgliedern bei einem Bibelkurs in Charleston von einem jungen Rassisten getötet wurde. Wenige Meter vom Sarg entfernt sprach Obama über das Vorbild, das Pinckney und dessen Gemeinde gesetzt hätten, als sie den Mörder vor der Tat arglos in ihrer Mitte willkommen hießen.

"Güte kann die Welt verändern"

Sogar noch nach dem Massaker beteten Menschen für den Täter. Solche Güte könne die Welt verändern, meinte Obama in seiner Trauerrede.

Die politische Realität erwies sich für ihn als nüchterner. Bereits im Wahlkampf 2008 musste Obama in der Kontroverse um seinen früheren Chicagoer Pastor Jeremiah Wright schmerzhaft erfahren, wie Religion in den USA instrumentalisiert wird. Wright geriet etwa wegen der Aussage "Gott verdamme Amerika" in die Schlagzeilen. Zudem äußerte er sich abfällig über Juden. Diese Kontroverse gilt als zweiter Grund für Obamas Zurückhaltung in Glaubensdingen.

Heimlicher Muslim?

Auch spielt wohl der von Donald Trump und anderen Republikanern gehegte Dauerverdacht eine Rolle, der Präsident sei ein "heimlicher Muslim". Diese Behauptungen gehen einher mit Anspielungen auf seinen muslimischen Vater, der schon in Kindheitstagen aus Obamas Leben verschwunden war. Im letzten Amtsjahr nahm das Thema Religion größeren Raum ein als zuvor. So wandte sich Obama in mehreren Reden an Juden, Muslime und Christen im Land und forderte Religionsfreiheit ein. Im September 2016 setzte er mit der Nominierung Abid Qureshis für das Amt eines Bundesrichters ein Zeichen. Nie zuvor in der Geschichte hatte ein US-Amerikaner muslimischen Glaubens diesen Posten bekleidet. Auch wenn Qureshi nicht bestätigt wurde, hatte dessen Nominierung Symbolcharakter.

Obama persönlich findet Schnittmengen sowohl mit der katholischen Kirche als auch mit evangelikalen Gemeinden, etwa beim Umgang mit Flüchtlingen und undokumentierten Einwanderern, bei der Verteidigung der Religionsfreiheit, dem Kampf gegen Rassismus und Waffengewalt. Aspekte, die auch beim Besuch des Evangelischen Kirchentags Thema sein könnten - den Angaben zufolge ist eine Rede des früheren US-Präsidenten in Berlin geplant.


Quelle:
KNA