Seit vier Monaten ist Angelo Scola Erzbischof von Mailand. Er hat Antrittsbesuche absolviert, ist mit vielen Persönlichkeiten seines Bistums zusammengetroffen und hat seine Gemeinden bereist. Seit er den traditionsreichen Bischofsstuhl innehat, auf dem bereits die heiligen Ambrosius (339-397) und Karl Borromäus (1538-1584) saßen, finden Scolas Äußerungen, seine Predigten und gesellschaftlichen Kommentare Resonanz in den Medien des ganzen Landes.
Als Professor und Rektor der päpstlichen Lateran-Universität hatte sich der Geistliche in der Fachwelt einen Namen gemacht. Als Patriarch von Venedig seit Anfang 2002 und ein Jahr später als Kardinal stieg Scola in die Leitungsspitze der katholischen Kirche Italiens auf. Als Erzbischof von Mailand steht er nun in der öffentlichen Wahrnehmung auf einer Stufe mit dem Vorsitzenden der Bischofskonferenz, Kardinal Angelo Bagnasco von Genua.
Wenn er bei der Festmesse zu Allerheiligen im Mailänder Dom seinen Landsleuten ins Gewissen redet, wird das auch im fernen Rom gehört. Wenn er gerade in Krisenzeiten an Eckpfeiler italienischer Tradition wie Wahrheit, Gerechtigkeit, Freiheit und Liebe erinnert und vor Hinterlist und Verschlagenheit warnt, ehrlose Kompromisse ablehnt und erst recht Gewalt, reagieren auch Parlamentarier. Und wenn er nach einem Missionarsmord beklagt, dass fünf Milliarden Menschen - 70 Prozent der Weltbevölkerung - keine Religionsfreiheit genießen, findet das Eingang in die Kommentarspalten.
Sohn eines Lastwagenfahrers
Schon lange vor seiner Ernennung für Mailand galt Scola als Favorit für die Nachfolge von Kardinal Dionigi Tettamanzi, der Ende Juni mit 77 Jahren sein Amt niederlegte. Für Scola war es eine Rückkehr in die Heimat. Am 7. November 1941 in Malgrate am Comer See geboren, war der Geistliche nach seinen Studienjahren zunächst Dozent für Theologie im schweizerischen Freiburg. 1982 ging er an die Lateran-Universität in Rom. 1991 wurde er Bischof im mittelitalienischen Grosseto, bevor er 1995 als Rektor an die Lateran-Uni zurückkehrte. 2002 schließlich ernannte der Papst ihn zum Erzbischof von Venedig - neben Lissabon der einzige Ort im Westen, der mit dem Patriarchentitel verbunden ist.
Seine geistige Heimat hat der Sohn eines Lastwagenfahrers in der kirchlichen Bewegung "Comunione e Liberazione". Ihr gehörte er bis zu seiner Bischofsernennung an, zeitweise auf der Leitungsebene. Aufgrund der Erfahrungen aus jenen Jahren kann Scola, der schon als Student in Mailand in den heißen 60er Jahren von sich reden machte, Intellektuelle ebenso begeistern wie Jugendliche.
Katholischer Weltfamilientag in Mailand
Mit Johannes Paul II. (1978-2005), der ihn zum Rektor der Lateran-Universität wie zum Patriarchen von Venedig machte, verband ihn die Spezialisierung auf christliche Anthropologie. Zudem gehörte er zu den Mitbegründern der internationalen theologischen Zeitschrift "Communio", die für eine kirchliche Erneuerung in Kontinuität steht. Schon in Venedig erhob Scola warnend seine Stimme gegen die allzu rücksichtlose Ausbeutung des Menschen als "Faktor Arbeit". Zugleich positionierte er sich deutlich für den Schutz und die Förderung der Familie; Themen, die er auch in Mailand aufgreift.
Gerade das Thema Familie wird ihn in den nächsten Monaten ganz besonders beschäftigen. Im kommenden Juni findet in seiner Bischofsstadt der katholische Weltfamilientag statt. Das Motto lautet: "Die Familie, die Arbeit und das Feiern". Zu diesem Anlass wird auch Papst Benedikt XVI. in der lombardischen Hauptstadt erwartet.
Der Mailänder Kardinal Angelo Scola wird 70
Theologe auf prominentem Bischofssitz
Angelo Scola zählt zu den profiliertesten Theologen im Kardinalskollegium. Im Juni berief Papst Benedikt XVI. den Italiener an die Spitze des nach Rom prestigeträchtigsten Bistums in Italien, Mailand. Am Montag feiert der international bekannte Theologe seinen 70. Geburtstag.
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