Wenn es um Sexualethik geht, gilt Papst Paul VI. wegen seiner Enzyklika "Humanae vitae" von 1968 vielen als modernefeindlicher Konservativer. Ein Jahr zuvor jedoch verfasste er ein Rundschreiben, das den zuletzt Heiliggesprochenen quasi zum Schutzpatron der Globalisierungskritiker macht. "Populorum Progressio" (Die Entwicklung der Völker) nannte er sein Lehrschreiben, das er am 26. März 1967 unterzeichnete.
Es befasst sich mit der Frage, wie eine gerechte Entwicklung in einer immer stärker globalisierten Welt für alle Menschen gewährleistet werden kann. Der Schlüsselsatz des Dokuments lautet: "Entwicklung bedeutet Frieden". Bereits damals war das eine Warnung gegen Ungleichheit in der Welt und vor dem Risiko daraus resultierender Konflikte.
Fondsgründung vor 50 Jahren
In dem Rundschreiben träumte Paul VI. davon, dass die Staaten einen Teil ihrer Rüstungsetats umleiten in einen Fonds, aus dem Maßnahmen zu einer gerechten Entwicklung finanziert werden. Und weil Staaten wenig Anstalten machten, seinem Traum zu folgen, gründete der Papst selber einen solchen Fonds. Einen kleinen zumindest. Am 26. März jährt sich diese Gründung zum 50. Mal.
Die Idee dazu kam ihm 1968 bei seinem Besuch der zweiten Vollversammlung des Lateinamerikanischen Bischofsrates CELAM in Bogota, wo die "Option für die Armen" formuliert wurde. In einer Messe mit kolumbianischen Kleinbauern, Campesinos, sagte Paul VI.: "Wir hören den Schrei eurer Leiden (...) und fragen uns, was wir für euch tun können. Wir werden eure Anliegen weiter verteidigen." Dabei versprach er, internationale Initiativen für die Landbevölkerung zu unterstützen: "Wir selber werden versuchen, im Rahmen unserer begrenzten finanziellen Möglichkeiten ein Beispiel zu setzen."
Das tat der Papst am 26. März 1969 mit dem "Populorum-Progressio-Fonds", benannt nach seiner exakt zwei Jahre zuvor veröffentlichten Enzyklika. Gedacht war er zunächst vor allem für die Campesinos in Kolumbien, denen das Geld bei der Umsetzung einer Landreform helfen sollte. Wobei das Wort "Landreform" in den Ohren lateinamerikanischer Großgrundbesitzer damals arg nach Kommunismus klang. Mit der Verwaltung des Fonds beauftragt wurde die Interamerikanische Entwicklungsbank, wie deren Jahresbericht für 1969 verzeichnet.
Johannes Paul II. baut Fonds zur Stiftung aus
13 Jahre später, anlässlich der 500-Jahr-Feiern der Missionierung Amerikas im Jahr 1992, erinnert Papst Johannes Paul II. an den Fonds seines Vorgängers. Auch er will "den armen Landarbeitern und Kleinbauern helfen und zur Förderung der Agrarreform, der sozialen Gerechtigkeit sowie des Friedens in Lateinamerika" beitragen und baut den "Populorum-Progressio-Fonds" zu einer gleichnamigen Stiftung aus.
Empfänger der Hilfsgelder sind nun nicht mehr allein kolumbianische Kleinbauern. Es geht um Unterstützung für die indigene Bevölkerung sowie die Afroamerikaner in ganz Lateinamerika und den Karibikstaaten. Das Ziel bleibt das gleiche: zur Förderung von Agrarreformen und sozialer Gerechtigkeit beitragen.
Angesiedelt wurde die Stiftung beim Päpstlichen Rat "Cor unum", der seit 1984 bereits die ebenfalls von Johannes Paul II. initiierte Sahelzone-Stiftung betreute. Seitdem "Cor unum" im Januar 2017 im Dikasterium für ganzheitliche menschliche Entwicklung aufgegangen ist, liegt die Koordination der Stiftungen bei dessen ghanaischem Ressortchef, Kardinal Peter Turkson. Seit ihrem Bestehen hat die Stiftung "Populorum Progressio" jährlich einstellige Millionen-Beträge in US-Dollar für die indigene Bevölkerung wie für die Campesinos Lateinamerikas zur Verfügung gestellt.