Brasilien, Venezuela, El Salvador: Die Nachrichten über katastrophale Zustände in lateinamerikanischen Gefängnissen sind fast schon zur Gewohnheit geworden. Massenaufstände und Meutereien mit vielen Toten mögen einige Tage für Schrecken und Aufmerksamkeit in der Bevölkerung sorgen, doch schnell sind solche Vorfälle wieder vergessen. Häftlinge stehen in der Hierarchie des Kontinents, der vielerorts von Armut geprägt ist, ganz unten. Kaum jemand interessiert sich wirklich für das Schicksal oder gar eine Resozialisierung inhaftierter Straftäter.
Meist ist die Situation in den Knästen Lateinamerikas die gleiche: Sie sind heillos überfüllt, verwahrlost und in der Gewalt krimineller Banden. Nicht selten müssen Verwandte die Verpflegung mitbringen, damit der eingesperrte Angehörige überhaupt etwas zu essen bekommt.
Papst will Beichte hören
Wohl auch deshalb wollte Papst Franziskus während des Weltjugendtags in Panama unbedingt eine Jugendhaftanstalt besuchen. Bei der Visite am heutigen Freitag will er einigen der Insassen die Beichte abnehmen und das Sakrament der Versöhnung spenden. Das Gefängnis in Las Garzas de Pacora rund 50 Kilometer östlich der Hauptstadt gilt als vorbildlich. Die 143 jungen Strafgefangenen absolvieren während ihrer Haft verpflichtend eine Schul- oder Berufsausbildung. Damit ist das Jugendgefängnis eine große Ausnahme – für ganz Lateinamerika.
In Brasilien kam es in den vergangenen Jahren immer wieder zu Massenfluchten und tödlichen Aufständen. In Venezuela stieg bei manchen Meutereien die Zahl der Toten schnell auf mehr als 50 oder sogar 100 Opfer. Ursachen für die Vorfälle sind etwa unkoordinierte Masseninhaftierungen, ein "selektives" Strafsystem, Folter sowie langwierige Gerichtsverfahren, wie jüngst die Vize-Vorsitzende der katholischen Nationalen Gefängnispastoral in Brasilien, Schwester Petra Pfaller, erklärte.
Die schleppende Bearbeitung von Prozessen ist ein gravierendes Problem. Allein in Brasilien befinden sich 40 bis 70 Prozent der Gefangenen über Monate und Jahre in Untersuchungshaft. Dazu kommt seit einiger Zeit auch das Problem der politischen Gefangenen in Nicaragua, Honduras oder Venezuela. Oft werden oppositionelle Jugendliche einfach weggesperrt, weil ihre Motivation zum Aufbegehren besonders hoch ist. Weltjugendtags-Pilger aus Nicaragua baten den Papst um Unterstützung für mehrere hundert Häftlinge, die wegen Protestaktionen seit Monaten eingesperrt sind.
Panama bekommt "Park der Versöhnung"
Im Programm der katholischen Weltjugendtage ist der Freitag jeweils dem Thema Versöhnung gewidmet. Franziskus hatte ausdrücklich gewünscht, das Treffen in Panama solle auch diejenigen Jugendlichen einbeziehen, die aufgrund ihrer Haft nicht an den öffentlichen Veranstaltungen teilnehmen können.
Das Thema Versöhnung kommt auch auf andere Ebene beim Weltjugendtag vor: Gefangene in Panama haben 250 Beichtstühle für das Großereignis mit vielen tausend Pilgern gebaut. Nach Veranstalterangaben sind die Beichtstühle für einen "Park der Versöhnung" im Zentrum der Hauptstadt bestimmt. Die mit den Schreinerarbeiten befassten 35 Insassen der Vollzugsanstalten La Joya und Nueva Joya vertieften dabei auch ihre handwerklichen Fähigkeiten für ihr Leben nach der Haft.
Mit dem Tischlerjob verbänden die Häftlinge den Wunsch, dass die jungen Menschen, die die Beichtstühle später benutzen, "einen anderen Weg einschlagen mögen", hieß es in einer Mitteilung. Laut der Vize-Gefängnisdirektorin Sharon Diaz verstehen die schreinernden Gefangenen ihr Projekt als "spirituellen Beitrag" für das Katholikentreffen.