"Im traurigen Monat November war's / Die Tage wurden trüber / Der Wind riß von den Bäumen das Laub...", so beginnt Heinrich Heines gereimte Erzählung "Deutschland. Ein Wintermärchen". Der November ist wohl der Monat mit dem schlechtesten Ruf.
Erst recht in diesem Jahr, in dem ab Montag ein neuer Teil-Lockdown zu verkraften ist. Vom "Monat der Wahrheit" über die weitere Corona-Entwicklung ist bei der Bundesregierung die Rede.
Alles grau?
November kommt vom lateinischen novem für neun. Weil bei den Römern lange Zeit der März der erste Monat war, war der November der neunte. Alte deutsche Namen waren Windmond, Wintermonat oder Nebelung, was auf die oft widrigen Wetterverhältnisse hindeutet.
Regen, Nebel, Graupelschauer: Die Farbe Grau ist in vielen Teilen Deutschlands im November häufig recht dominant - auch wenn derzeit das Thermometer eher frühlingshafte Temperaturen zeigt. Oft ist der Himmel grau, und das Meer auch - die hellen Stunden des Tages werden deutlich weniger, und die Bäume verlieren zusehends ihre letzten farbigen Blätter. Schlechte Laune, Depression und Tristesse sind programmiert. Alles grau in grau. November-Blues.
November - der Totenmonat
Grau und Dunkelheit erinnern an Tod und Vergänglichkeit: Der November als Stolperstein des Jahres. Sowohl in der katholischen, als auch in der evangelischen Kirche ist der November ein Monat des Gedenkens an die Verstorbenen.
Allerseelen, Totensonntag und Volkstrauertag - aus Sicht der Kirchen eine Chance, sich mit der eigenen Endlichkeit zu befassen und den Wert des eigenen Lebens zu bedenken.
Der Montag unter den Monaten
Dennoch: In Umfragen ist der November regelmäßig der unbeliebteste Monat - 2013 etwa bezeichneten ihn 46 Prozent so. Er ist der Montag unter den Monaten, heißt es. Kaum jemand kommt auf die Idee, im November zu heiraten.
Das hat vermutlich vor allem psychologische Gründe: Während der Oktober oft golden glänzt und von Ferien, Wein- und Obsternte geprägt ist, überstrahlen der Gedanke an Weihnachten, Adventskerzen und Geschenkeinkäufe manche trüben Dezembertage. Und im Januar werden die Tage ja dann schon wieder länger, die Vorfreude auf den Frühling wächst, die Lebensgeister kehren zurück - erst recht, wenn Karneval gefeiert werden kann.
Gedenktag in Moll
Pech für den November. Und kein Wunder, dass sich der Tag des Mauerfalls vom 9. November 1989 nicht als Nationalfeiertag durchsetzen konnte.
Zur düsteren Grundstimmung mag auch beitragen, dass dieser 9. November auch an die sogenannte Reichskristallnacht, die Judenpogrome in Nazi-Deutschland 1938, sowie das Ende von Monarchie und Deutschen Kaiserreich 1918 erinnert - Gedenktage in Moll.
Der November ist nicht der kälteste Monat
Meteorologisch allerdings lässt sich die Unbeliebtheit des Monats nicht unbedingt begründen. "Im Normalfall sind die nachfolgenden Monate Dezember, Januar und Februar im Mittel deutlich kälter als der November", hat der Deutsche Wetterdienst vor wenigen Jahren ausgerechnet.
Das vieljährige deutschlandweite Mittel der Temperatur liegt im November immerhin noch bei 4,3 Grad, im Dezember hingegen bei 1,1 Grad. Der Januar weist einen Mittelwert von -0,2 Grad, der Februar einen Wert von 0,6 Grad auf. Selbst der März (3,7 Grad) ist im Normalfall etwas kälter als der November.
Melancholische Gedichte
Doch auch den deutschen Dichtern und Lyrikern lassen sich mit Blick auf den November vor allem melancholische Zeilen entlocken. "Das Herz ist schwer. / Wo sind, die vor uns dahingegangen?", dichtete Ricarda Huch in ihrem Gedicht "November".
Ein wenig leichter klingt es bei Erich Kästner: "Der Winter sitzt schon auf den kahlen Zweigen, / Es regnet, Freunde, und der Rest ist Schweigen. / Wer noch nicht starb, dem steht es noch bevor. / Und der November trägt den Trauerflor..."