Der Südsudan wird der 54. Staat Afrikas

Heim ins gelobte Land

Der Südsudan ist in Feierlaune - glaubt man dem Programm, das für Samstag ausgearbeitet wurde. Dann wird der südliche Teil des einstmals größten afrikanischen Flächenstaates formell unabhängig. Die Freude darüber im Land ist riesig - und überschattet derzeit die ungelösten Konflikte, die beide Staaten künftig bewältigen müssen. Es soll eine riesige Party werden.

Autor/in:
Katrin Gänsler
 (DR)

Regierungsvertreter aus der ganzen Welt sind eingeladen, mit denen die Gründung des 54. Staates auf dem afrikanischen Kontinent gebührend gefeiert werden soll. Rund um den Staatsakt, bei dem die Unabhängigkeit gegen 11.45 Uhr Ortszeit offiziell verkündet werden soll, sind außerdem Sportveranstaltungen und ein Rahmenprogramm geplant. Darauf freuen sich viele Südsudanesen schon seit Wochen - und überschlagen sich mit Vergleichen. "Der Südsudan kehrt heim ins gelobte Land", schreibt etwa die Tageszeitung "Sudan Tribune" und drückt damit wohl aus, was viele Menschen fühlen.



Einer von ihnen ist der 25-jährige Maker Deng Nyar. Als Teenager ging er nach Uganda, um dort die Schule zu besuchen und anschließend zu studieren. Extra zu den Unabhängigkeitsfeiern ist er in seine Heimatstadt Rumbek zurückgekehrt. "Ich bin wieder zuhause und fühle mich so unglaublich glücklich", wird der junge Mann vom katholischen Sender "Radio der guten Nachrichten" zitiert.



Zur Feier des Tages eine Ziege

Die offiziellen Feiern reichen ihm und seiner Familie allerdings nicht. "Wir haben schon eine Ziege gekauft. Am Sonntag werden wir sie schlachten und die ganze Familie und unsere Freunde einladen." Der Student ist allerdings sicher, dass an diesem Tag nicht nur fröhlich gefeiert, sondern auch viel diskutiert wird. "Wir wünschen uns ein Land, in dem jedes Kind zur Schule gehen kann, und eins, in dem Frieden herrscht."



Frieden, das ist die große Hoffnung. Denn von 1983 bis 2005 tobte ein Bürgerkrieg im Süden des Landes, bei dem verschiedenen Schätzungen zufolge rund zwei Millionen Menschen ums Leben kamen. Junge Menschen wie Maker Deng Nyar haben bis zum Friedensabkommen

2005 nur diesen Zustand gekannt. Das brachte erstmals Hoffnung in den südlichen Landesteil. Umso größer war im Januar die Freude, als mehr als 99 Prozent der Wahlberechtigten für die Unabhängigkeit stimmten; das Lob für die gut organisierte und freie Abstimmung war groß.



Trotzdem hat das neue Land noch einen langen Weg vor sich, wie der katholische Bischof von Rumbek, Caesar Mazzolari, betont: "Wir dürfen nicht vergessen, dass ein neuer Staat nicht in den Büros der Regierungsvertreter oder der Vereinten Nationen geboren wird. Ein neuer Staat entsteht durch all jene, die bereit sind, sich für Frieden und Gerechtigkeit einzusetzen."



Nicht viel Hoffnung

Ausgerechnet nach Frieden und Gerechtigkeit sieht es seit dem Referendum im Januar nicht aus. Besonders betroffen ist die Provinz Abyei, die auf der Grenze zwischen dem Norden und dem Süden liegt. Seit 21. Mai besetzen nordsudanesische Truppen Abyei. Mehrere hunderttausend Menschen sind bereits geflüchtet. Für Sicherheit sollen nun rund 4.200 Blauhelmsoldaten sorgen, die die Vereinten Nationen in der kommenden Woche schicken will.



Die Gegend ist sowohl für den Norden als auch für den Süden interessant und begehrt, da sie über Öl verfügt. Es ist eine wichtige Einnahmequelle, die beide Staaten nun teilen müssen. Zu Wochenbeginn verkündete das Finanzministerium in Khartum, man habe in den Monaten April und Mai durch das Schwarze Gold erstmals mehr als eine Milliarde US-Dollar eingenommen. Tendenz steigend.