Mit einer großen Messe unter freiem Himmel beginnt heute der Weltjugendtag in Krakau (live ab 17.30 im Web-TV). Zu dem großen Treffen der katholischen Kirche haben sich mehr als eine halbe Million Pilger aus 187 Staaten angemeldet, die Veranstalter rechnen bis Sonntag sogar mit bis zu 1,5 Millionen Teilnehmern. Auch aus vielen deutschen Bistümern sind Jugendliche und Bischöfe in die zweitgrößte Stadt Polens gereist, die Deutsche Bischofskonferenz sprach von rund 15.500 Anmeldungen. An der Eröffnungsmesse nimmt unter anderem der Erzbischof von Krakau, Kardinal Stanislaw Dziwisz, teil. "Der Funke der göttlichen Barmherzigkeit soll von der Jugend in die ganze Welt hinaus getragen werden", erhofft sich der polnische Kardinal vom Weltjugendtag, auch wenn die Anmeldezahlen hinter den Erwartungen geblieben sind.
Papst sucht Kontakt zu den Jugendlichen
Papst Franziskus wird dann am Mittwoch in Krakau erwartet. Der Weltjugendtag findet in der Heimat seines Urhebers und Patrons statt: Papst Johannes Paul II. (1920-2005) hatte die Veranstaltung 1985 etabliert. Vor seiner Wahl war Karol Wojtyla dort 20 Jahre lang als geistlicher Würdenträger tätig.
Der aus Argentinien stammende amtierende Papst Franziskus wird die Traditionen seines besonders in seiner Heimat verehrten polnischen Vorgängers berücksichtigen. So will er abends Kontakt zur polnischen Jugend aufnehmen, wenn sie das "Papstfenster" im Krakauer Bischofspalast belagern, wie sie es einst bei Johannes Paul II. taten. Außerdem plant er am Donnerstag einen Abstecher in den Wallfahrtsort Tschenstochau (Czestochowa) sowie am Freitag einen Besuch des früheren deutschen Konzentrations- und Vernichtungslagers Auschwitz, wo er unter anderem Holocaust-Überlebende trifft. Als erster Papst wird er dort keine Rede halten, was die jüdische Gemeinde Italiens bereits begrüßt hat.
Polen ein zerrissenes Land
Anders als sein Vorgänger wird der 78-jährige Franziskus ein zerrissenes Land besuchen. Die Eingriffe der Regierungspartei "Recht und Gerechtigkeit" (PiS) in das Justizwesen und andere Institutionen spalten Polen in Befürworter und Gegner der Reformen. Der Riss geht so tief, dass nicht einmal der gemeinsame Glaube die Lager zu versöhnen scheint. So berichtet Piotr Kandyba, Lokalpolitiker bei Warschau und Anhänger der Oppositionsinitiative "Komitee zur Verteidigung der Demokratie" (KOD), dass konservative Kirchgänger den Anhängern dieser Organisation in der Kirche den Friedensgruß verweigerten.
Bergoglio ein Übergangspapst?
"Ein großer Teil der konservativen Katholiken sieht den Papst als Übergang an und hofft auf eine Rückkehr zu einer traditionelleren Form der Kirche", so Marcin Zyla vom Ressort "Glaube" der Krakauer Wochenzeitung "Tygodnik Powszechny". Zyla, ein Vertreter der liberalen Katholiken, hofft dennoch auf das Charisma des Papstes, das die Menschen in Polen bewegen könnte, wieder aufeinander zuzugehen.
Durch den Aufruf von Franziskus Ende Juni, Homosexuelle sollten mit Achtung behandelt werden, ist der Papst im Ansehen der Schwulen- und Lesbengruppen gestiegen. Die Gruppe "Glaube und Regenbogen" wird auf dem Weltjugendtag präsent sein - wenn auch nicht als Teil des offiziellen Programms.
Polnische Bischöfe in der Zwickmühle
Franziskus fordert immer wieder dazu auf, gegenüber Flüchtlingen Barmherzigkeit zu zeigen. Barmherzigkeit ist auch das Motto des Weltjugendtags. Die Aufforderung des Papstes im September 2015, katholische Gemeinden sollten Asylsuchende aufnehmen, wurde von Polens Geistlichen noch nicht umgesetzt. Wobei nicht offen gegen Rom opponiert wird.
Anfang Juni sprach die Bischofskonferenz sich zum wiederholten Male dafür aus, besonders bedrohte Flüchtlinge aus dem Nahen Osten nach Polen zu fliegen und von Familien und Pfarren betreuen zu lassen. Am vergangenen Samstag gab die katholische Kirche bekannt, dass die Caritas zur Zeit 3.000 Menschen betreue, die aus Afrika, Osteuropa und anderen Staaten stammen. Der Großteil der Migranten, die Polen erreicht, kommt aus Russland und der Ukraine.
Das Episkopat scheint in einer Zwickmühle zu stecken, denn es fühlt sich auch der nationalkonservativen Regierung verpflichtet. Und die hat sich trotz des in der EU geschlossenen Abkommens geweigert, Flüchtlinge aufzunehmen.