Am 20. Juni wird der deutsche Kurienbischof Josef Clemens 75 Jahre alt. Seit über 38 Jahren ist der Geistliche aus dem Siegerland an der römischen Kurie tätig. Ab 1984 war er Privatsekretär von Kurienkardinal Joseph Ratzinger in der Glaubenskongregation, dann zwölf Jahre lang Sekretär des Laienrates und Manager der Weltjugendtage. Vor eineinhalb Jahren wurde er Päpstlicher Delegat für das österreichische Stift Klosterneuburg.
Zwischen Österreich und Rom
Um Gerüchten und Klagen um das renommierte Augustiner-Chorherrenstift vor den Toren Wiens auf den Grund zu gehen, hatte der Vatikan im Sommer 2020 eine Visitation angeordnet. Verschiedene Missbrauchsvorwürfe gegen Mitglieder und frühere Mitglieder seien nicht angemessen gehandhabt worden, hieß es.
Nach dem Rücktritt des früheren Propstes wurde Clemens im Auftrag des Papstes zum Delegaten ernannt. Seither begibt er sich regelmäßig von seinem römischen Wohnsitz zu Aufenthalten in das niederösterreichische Kloster.
Dort führt inzwischen ein Administrator den Stiftsalltag der 40 Chorherren, sorgt sich um die 24 inkorporierten Pfarreien, um den umfangreichen Immobilienbesitz und die Finanzen des begüterten Klosters.
Schon als Seminarist in Rom
Die römische Vergangenheit des deutschen Geistlichen reicht noch mal zehn Jahre weiter zurück. Er studierte in Rom als Seminarist des Collegium Germanicum und empfing hier 1975 die Priesterweihe.
Nach vier Kaplansjahren in Bielefeld und Dortmund kehrte er in die Ewige Stadt zurück und promovierte im Fach Moraltheologie mit einer Arbeit zur Menschenrechtsthematik. Gerade hatte er sein Doktorat abgeschlossen, als Ratzinger den dynamischen Jung-Kleriker an die Glaubenskongregation berief.
19 Jahre lang leitete Clemens das persönliche Büro des Kardinal-Präfekten, koordinierte seinen Terminkalender, war der effiziente, diskrete und loyale Organisator hinter dem einflussreichen Kirchenmann - und damit ein gefragter Ansprechpartner. Er begleitete ihn auf Reisen in alle Welt, lernte dabei viel von der Weltkirche und ihrem Führungspersonal kennen.
Bischofsweihe im Petersdom
Aus dieser Schaltstelle heraus berief Papst Johannes Paul II. den Geistlichen im Jahre 2003 zum Untersekretär der Ordenskongregation. Aber schon neun Monate später versetzte er ihn in den Päpstlichen Laienrat - und ernannte ihn zum Bischof.
Am Dreikönigsfest 2004 spendete Kardinal Ratzinger ihm im Petersdom die Bischofsweihe. Der Kontakt zwischen den beiden hielt auch an, als der frühere Dienstherr als Benedikt XVI. in den Apostolischen Palast zog - und er dauert bis heute fort.
Manager für große Veranstaltungen
Als Sekretär des Laienrates managte Bischof Clemens zwölf Jahre lang die Weltjugendtage, die zu den größten Veranstaltungen der Kirche zählen. In seine Amtszeit fielen die Treffen in Köln (2005), Sydney (2008), Madrid (2011), Rio de Janeiro (2013) und Krakau (2016) mit insgesamt knapp 10 Millionen Teilnehmern.
Als Sekretär des Rates kümmerte sich Clemens zudem um die zahlreichen katholischen Laienorganisationen in aller Welt. Dazu zählen die weit über hundert anerkannten internationalen Laiengemeinschaften - wie Pfadfinder, Katholische Aktion, Kolping oder Frauenverbände, aber auch geistliche Neuaufbrüche wie Fokolare, Charismatiker, Neokatechumenaler Weg oder Sant'Egidio - denen insgesamt rund zehn Prozent der 1,3 Milliarden Katholiken angehören, also gut 100 Millionen. Für die neuen Bewegungen und Gemeinschaften bereitete er zwei Weltkongresse in Rom (2006 und 2014) unter Benedikt XVI. und Franziskus vor.
Kirche und Sport
Als Franziskus 2016 im Zuge der anlaufenden Kurienreform den bisherigen Laienrat in das neue Dikasterium für Laien-Familie-Leben überführte, widmete sich Clemens in Absprache mit dem Papst weiterhin den Fragen der Aus- und Weiterbildung katholischer Laien.
Im Laienrat war Bischof Clemens auch für die Sektion "Kirche und Sport" verantwortlich, die im neuen Dikasterium nach langer Vorarbeit das Dokument "Sein Bestes geben" (1. Juni 2018) über die christliche Perspektive des Sports veröffentlichte.
Jeden Morgen im Petersdom
Seit seinem Amtsbeginn versucht der Siegerländer für sich selbst ein Gleichgewicht zwischen der Büroarbeit und einem seelsorgerlichen Engagement zu finden. So steht er gegenwärtig jeden Morgen als Hauptzelebrant der 8.00-Uhr-Messe in der Chorkapelle des Petersdoms vor.
Zudem übernimmt er nach wie vor auswärtige Gottesdienste, hält Vorträge, nimmt an Begegnungen und Diskussionen zum Laienapostolat teil und spendet Jugendlichen in Rom und außerhalb das Sakrament der Firmung.
Trotz seinen mehr als 48 Jahren in Rom fühlt sich Clemens, der eine Wohnung im Palazzo der Glaubenskongregation hat, nicht "italianisiert". Die Verbindungen zur Heimat sind nie abgebrochen. Schon seit seiner Studienzeit an der Gregoriana-Universität und im Germanicum pflegt er zudem viele internationale Kontakte. Was Mentalität und Arbeitsstil betrifft, verstehe er sich letztlich als südwestfälisch geprägter Deutscher, der lange in Rom lebt und arbeitet.