Stephen Kim Sou-hwan war Südkoreas erster Kardinal. Von 1968 bis 1998 leitete er das Hauptstadtbistum Seoul, gehörte zu den bekanntesten Kirchenführern Asiens und hatte in Rom besten Ruf und Einfluss. Aber auch jenseits von Kirchengrenzen erwarb er sich national wie international höchsten Respekt als eine Schlüsselfigur der Demokratisierung in seinem Land.
Als er im Februar 2009 starb, erwiesen mehr als 20.000 Koreaner dem aufgebahrten Kardinal die letzte Ehre. Seine guten Kontakte zu Deutschland rührten aus einem Studienaufenthalt in Münster her, wo er beim späteren Kölner Kardinal Joseph Höffner christliche Sozialwissenschaften studierte. Am 8. Mai jährt sich sein Geburtstag zum 100. Mal.
Anders als in vielen westlichen Ländern erlebt die Kirche in Südkorea seit Jahrzehnten eine Blüte – eine Erfolgsgeschichte, die sie auch Kardinal Kim zu verdanken hat. Während sich in den vergangenen 60 Jahren die Bevölkerungszahl im Land verdoppelte, verachtfachte sich die der Katholiken.
Im Geist des Zweiten Vatikanischen Konzils
Lange Zeit galt das Christentum in Korea als "gefährliche Religion". Christen waren Staatsfeinde, die im Gegensatz zur vorherrschenden Kultur standen und etwa eine Ahnenverehrung ablehnten. Noch Kims Großvater starb im Gefängnis, weil er für seine Konversion zum Katholizismus verhaftet wurde.
Der spätere Kardinal Kim wurde am 8. Mai 1922 als jüngstes von acht Kindern in einer katholischen Familie in Daegu geboren. Während des Koreakriegs empfing er 1951 die Priesterweihe. Anschließend wirkte er in mehreren Pfarreien des damaligen Apostolischen Vikariats Daegu und war zugleich als Sekretär seines Erzbischofs tätig. Nach einem Aufbaustudium in Philosophie an der Jesuiten-Universität in Tokio übernahm er die Leitung der katholischen Zeitung "Catholic Shilbo" in seinem Heimatbistum.
Ein Jahr nach seiner Rückkehr aus Münster 1965 ernannte Papst Paul VI. ihn zum Bischof von Masan. 1968 wurde er Erzbischof des Hauptstadtbistums Seoul und ein Jahr später Kardinal. 30 Jahre lang setzte er sich dafür ein, den Geist der Erneuerung des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-1965) in den Strukturen der Diözese umzusetzen, die Evangelisierung zu verstärken und die Laien mehr einzubinden. Besonderes Augenmerk widmete er dabei dem Dialog mit den Nichtchristen und dem Caritas- und Sozialdienst.
Zum "Mann des Jahres" gewählt worden
Der Kardinal galt als erklärter Gegner der Militärregierungen in den 1960er bis 80er Jahren. Mutig setzte er sich in der schwierigen innenpolitischen Lage für den Schutz der Menschenrechte, der Arbeiter und der Demokratie ein.
Für diesen Einsatz wurde er mit dem deutschen Bundesverdienstkreuz geehrt. In der Zeit der Militärdiktatur habe er auch deutsche Priester, die in der Menschenrechtsbewegung aktiv waren, vor dem Zugriff der Sicherheitskräfte geschützt, hieß es zur Begründung. Bereits 1996 war der Kardinal von Journalisten zum "Mann des Jahres" gewählt worden. Für die Wahl sei seine "energische spirituelle Führerrolle" ausschlaggebend gewesen.
Der Kirchenmann setzte sich für Ausgleichs- und Versöhnungsbemühungen zwischen Süd- und Nordkorea ein. Er war in Personalunion auch Apostolischer Administrator von Pjöngjang und damit für die winzige Katholikenzahl im Norden - die Spekulationen schwanken zwischen 2.000 und 4.000 - zuständig, darunter auch ausländische Diplomaten.
Wichtige Stimme für die Kirche Asiens
In Rom gehörte Kardinal Kim stets zu den gewichtigen Stimmen der Kirche Asiens bei den Bischofssynoden. Viele Jahre lang war er Mitglied in dessen Bischofsrat. Bei der Asien-Synode 1998 war er einer der drei delegierten Präsidenten.
Aber auch nach seinem Rücktritt vom Leitungsamt 1998 verschwand Kardinal Kim nicht aus der Öffentlichkeit. Immer wieder bezog er Stellung zu aktuellen Vorgängen des Landes. Zur Fußball-WM 2002 kritisierte er, dass der Norden auf keines der Angebote der südkoreanischen Regierung wie auch der Kirche zur Zusammenarbeit reagiert habe.
Er äußerte sich skeptisch, ob Deutschland ein Modell für die Einheit Koreas sein könnte. Ein Kollaps von Pjöngjang würde unweigerlich zu einer Bevölkerungsverschiebung in den Süden führen; er hoffe daher auf einen "sanften Übergang".