Deutscher Pfarrer engagiert sich in Township bei Kapstadt

Stolz und Wahrnehmung

Im April 1923 verbannte Südafrika die ersten Schwarzen aus Kapstadt. Es ist die Geburtsstunde der Townships, der Siedlungen, in denen bis heute die farbige Bevölkerung lebt. Und um die sich Pfarrer Stefan Hippler seit Jahren kümmert.

Township in Kapstadt / © Poetry Photography (shutterstock)
Township in Kapstadt / © Poetry Photography ( shutterstock )

DOMDRADIO.DE: Mit Ihrer "Hope-Stiftung" kümmern Sie sich seit 23 Jahren um die Menschen in den Townships. Von Suppenküche über Schulunterricht bis zur Behandlung von HIV bzw Aids. Wie sehr sind die Menschen auf Unterstützung angewiesen? 

Pfarrer Stefan Hippler / © hopegala.de (hopegala.de)
Pfarrer Stefan Hippler / © hopegala.de ( hopegala.de )

Pfarrer Stefan Hippler (Gründer der "Hope-Stiftung" in Kapstadt): Die Menschen sind leider immer noch sehr auf Unterstützung angewiesen und vor allen Dingen auf Menschen, die mit ihnen gehen. Es geht nicht so sehr um Charity, sondern darum, mit Menschen zu gehen und zu versuchen, ihnen ein bisschen Hoffnung zu geben.

Leider herrscht auch viele Jahre nachdem sich das neue Südafrika entwickelt hat, immer noch sehr viel Armut und Verbrechen in den Townships von Kapstadt. 

DOMDRADIO.DE: Was leistet die südafrikanische Regierung denn für die Infrastruktur in den Townships? 

Hippler: Speziell im Western Cape werden Programme aufgelegt, um Infrastruktur zu entwickeln. Aber die Regierung hängt immer hinterher. Ich gebe Ihnen ein Beispiel: Wenn wir alle Schüler und Schülerinnen, die jedes Jahr in das Bundesland Westkap neu dazu kommen, in Schulen unterbringen würden, müssten wir jedes Jahr 15 Schulen in Townships bauen. Das ist fast nicht möglich. 

DOMDRADIO.DE: Sie haben Ihr Büro in der Township Delft. Die wurde erst für die Fußball WM 2010 erweitert. 

Hippler: Das ist richtig. Ich arbeite in Delft,offiziell wurde dieses Township 1989 gegründet. Es wurde zur Fußballweltmeisterschaft mit sogenannten semipermanenten Siedlungen erweitert. Das heißt, alle, die der damalige Präsident des Weltfußballverbands FIFA, Sepp Blatter, nicht vor der Kamera haben wollte, damit es schöne Bilder gibt, wurden abgeräumt und nach Delft verfrachtet. 

DOMDRADIO.DE: Als älteste Township Südafrikas gilt Langa, und hier durchmischt sich inzwischen die Bevölkerung?

Hippler: Ja, es ist so in Langa, aber auch in Delft, dass sich mehr und mehr schwarze und coloured people, also Menschen die weiße und schwarze Vorfahren haben, durchmischen.

Trotzdem unterscheidet man die meisten Townships immer noch zwischen schwarzen Townships und Coloured Townships. Das ändert sich ein bisschen, aber es wird noch lange dauern, bis das wirklich durchmischt ist. 

DOMDRADIO.DE: Am 1. April wird in Langa gefeiert. Vor 100 Jahren sollen dorthin die ersten Schwarzen umgesiedelt worden sein. Wieso ist das ein Grund zu feiern? 

Pfarrer Stefan Hippler (Gründer der Hope-Stiftung in Kapstadt)

"Die Townships entwickeln nach und nach wirklich Stolz, dass sie dort leben, wo sie leben."

Hippler: Die Bewohner der Townships entwickeln nach und nach Stolz, dass sie dort leben, wo sie leben. Sie versuchen, die Situation zu verändern, in der sie sich momentan befinden. Es geht natürlich auch um die Traditionen. Es gibt ganze Gruppierungen von Menschen, die seit 100 Jahren in Langa wohnen.

Und dann sagen die Menschen stolz: "Wir sind aus Langa, wir sind aus Delft. Regierung und Gesellschaft, nehmt uns wahr! Nehmt wahr, dass wir hier leben und dass wir nicht alle in die große Stadt ziehen können, aber unser Leben hier vor Ort verändern wollen!" Das ist ganz wichtig und von daher sind auch solche Feiern sehr wichtig. 

DOMDRADIO.DE: Sie leben seit 25 Jahren in Südafrika. Können Sie sorglos Townships betreten oder fühlen Sie sich sicherer, wenn Sie Ihre Priesterkleidung anziehen? 

Hippler: Weder noch. Priester waren teilweise "soft goals" also leichte Ziele. Sicher fühle ich mich, weil ich weiß, wann man wo sein kann und wann man wo nicht sein kann. Es gibt Zeiten wie zum Beispiel am Monatsende oder am Wochenende, wo sehr viel Alkohol fließt, wo Drogen konsumiert werden und wo dann die Gewalt auch eine Rolle spielt. 

DOMDRADIO.DE: Sind Sie auch als Seelsorger gefragt, gerade in den Townships? 

Pfarrer Stefan Hippler (Gründer der Hope-Stiftung in Kapstadt)

"Ich bin nicht gefragt als Seelsorger, der fromme Predigten hält. Aber ich betreibe Seelsorge im Sinne der katholischen Soziallehre."

Hippler: Das kommt darauf an, wie man es sieht. Ich bin nicht gefragt als Seelsorger, der fromme Predigten hält. Aber ich betreibe Seelsorge im Sinne der katholischen Soziallehre. Dann fragen Menschen, warum ich etwas tue und dann kommt es natürlich auch zu Gesprächen, die in Seelsorge enden. 

DOMDRADIO.DE: Inwiefern spielt die Kirche in den Townships eine Rolle? 

Hippler: Alle Kirchen spielen eine sehr große Rolle in den Townships, weil Menschen sich über ihre Gemeindezugehörigkeit definieren. Das heißt, sie sind stolz, Teil einer Gemeinde zu sein. Das drückt sich zum Beispiel sonntags in der Kleidung aus, die sie tragen. Kirche ist ganz wichtig im Township. Und es gibt sehr viele Kirchen in Südafrika.

Das Interview führte Katharina Geiger. 

Quelle:
DR