Deutschland will Sondersitzung des UN-Menschenrechtsrates - Hilfswerke warnen vor Destabilisierung in Zentralafrika

Wachsender Druck auf den Sudan

Nach UNO-Generalsekretär Kofi Annan fordern nun auch Deutschland, Frankreich und Kanada eine Sondersitzung des UN-Menschenrechtsrats zur humanitäre Krise in der sudanesischen Region Darfur. Ziel der Sondersitzung soll es laut Diplomaten sein, die Regierung des Sudans für die Grausamkeiten in Darfur öffentlich zu verurteilen. - Erst am Dienstag hatte der Rat eine von der EU geforderte Verurteilung der sudanesischen Regierung abgelehnt. - Hilfsorganisationen haben angesichts der Konflikte im westlichen Sudan und Nachbarländern vor einer Destabilisierung der ganzen Region gewarnt.

 (DR)

"Mit Sorge" zur Kenntnis genommen
Der Fall Darfur springe geradezu ins Auge, heißt es in einer Rede Annans vor den UN-Gremium. Der neue Menschenrechtsrat dürfe nicht so enttäuschen wie die abgelöste Menschenrechtskommission, die durch diplomatisches Taktieren immer wieder versagt habe, internationale Menschenrechtsverletzungen anzuprangern. Es könne nicht sein, dass sich der neue Rat in Dringlichkeitssitzungen ausschließlich mit dem israelisch-arabischen Konflikt befasse, betonte der UNO-Generalsekretär.

Am Dienstagabend waren die EU-Länder mit dem Versuch gescheitert, eine Verurteilung des Regimes in Khartum durchzusetzen. Eine knappe Mehrheit der 47 Mitgliedsländer des Menschenrechtsrats stimmte gegen den EU-Antrag. Stattdessen wurde eine Resolution afrikanischer Staaten verabschiedet, in der lediglich die "Sorge" über die Lage in Darfur zum Ausdruck gebracht wird.

Unterstützung von 13 weiteren Ländern im Rat notwendig
Deutschland, Frankreich und Kanada brauchen die Unterstützung von 13 weiteren Ländern im Rat, um eine Sondersitzung einzuberufen. Sie soll noch in diesem Jahr stattfinden, hieß es. Sanktionen kann der Menschenrechtsrat nicht verhängen.

Die UN-Hochkommissarin für Menschenrechte, Louise Arbour, gab der Regierung in Khartum die Hauptverantwortung für die Krise in Darfur. Sie forderte zugleich, die Verantwortlichen vor den Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag zu stellen. Die Ermittler des Gerichts hätten Beweise für Massaker und Tausende von Morden in Darfur gesammelt, sagte Arbour.

Der UN-Koordinator für humanitäre Hilfe, Jan Egeland, warf der sudanesischen Regierung vor, die Weltöffentlichkeit über das Ausmaß der humanitären Krise in Darfur zu täuschen. Die Regierung zeige ausländischen Besuchern nicht die Grausamkeiten und das Elend der Millionen Opfer des Konflikts, sagte er.

Hilfsorganisationen warnen
Hilfsorganisationen haben angesichts der Konflikte im westlichen Sudan und Nachbarländern vor einer Destabilisierung der ganzen Region gewarnt. Die unsichere Lage und Plünderungen gefährdeten die Versorgung von Flüchtlingen, berichteten "Ärzte ohne Grenzen" und die Deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) am Dienstag.

In Darfur im Westsudan, im Osten des Tschads und im Norden der Zentralafrikanischen Republik kämpfen Rebellen gegen Regierungstruppen und Milizen. Millionen Menschen sind nach UN-Angaben auf der Flucht. Allein in der Zentralafrikanischen Republik seien rund 150.000 Menschen geflohen, sagte Ibrahim Fall von UNICEF in Genf.

Lage der Flüchtlinge immer schlechter
Hilfsorganisationen forderten die Staatengemeinschaft auf, Druck auf die Regierungen der zentralafrikanischen Länder auszuüben. Nach Angaben von "Ärzte ohne Grenzen" verschlechtert sich die Lage der Flüchtlinge. Wegen des schlechten Wetters und anhaltender Kämpfe könnten Teile des Tschad nicht mit medizinischer Hilfe versorgt werden. Es komme auch zu Massakern an der Zivilbevölkerung.

Vor allem im Norden Darfurs seien wegen der schwierigen Sicherheitslage viele Menschen von Hilfe abgeschnitten, hieß es. In Darfur kamen nach UN-Angaben seit Beginn eines Rebellenaufstandes vor drei Jahren mehr als 200.000 Menschen ums Leben. Mindestens 2,5 Millionen Menschen flüchteten.

Neben mehr Autonomie für die westsudanesische Region geht es auch um eine gerechte Verteilung der geringen Ressourcen, beispielsweise Trinkwasser. Ein Friedensvertrag für Darfur vom Mai wurde nur von einem Teil der Konfliktgruppen unterzeichnet und brachte kein Ende der Kämpfe. Zuletzt griffen die Auseinandersetzungen auch auf das Nachbarland Tschad über.

Dramatische Engpässe bei der Hilfe
Die GTZ warnte vor dramatischen Engpässen bei der Hilfe für mehr als 220.000 Darfür-Flüchtlinge im Osten des Tschad. Bei Plünderungen in der größten Stadt der Region, Abéché, seien mehr als 400 Tonnen Lebensmittel aus von der GTZ verwalteten Lagern gestohlen worden, sagte der zuständige GTZ-Büroleiter in Nairobi, Berthold Bös, dem epd. Stadtbewohner hätten den Abzug der Regierungstruppen zu Raubzügen genutzt. Die Stadt war kurzzeitig in der Hand von Rebellen.

Laut Bös sind nur noch drei der 70 Fahrzeuge zur Verteilung der Hilfsgüter einsetzbar. GTZ und UN-Hilfswerke planten jetzt ein Notprogramm, um die wichtigsten Waren einzufliegen. Die Stimmung in Abéché beschrieben GTZ-Mitarbeiter als angespannt. Es gebe viele Gerüchte über neue Angriffe. Die französische Armee halte sich aus der Auseinandersetzung zwischen Rebellen und Armee heraus und fahre ab und zu Patrouillen durch die Stadt.