Baerbock oder Habeck - zwei Grüne und das Kanzleramt

Die Bodenständige und der Intellektuelle

An diesem Montag wollen die Grünen ihren Spitzenkandidaten für die Bundestagswahl verkünden. Beide, Annalena Baerbock und Robert Habeck, engagieren sich für Sozialthemen. Und beide fühlen sich christlichen Werten verbunden.

Autor/in:
Birgit Wilke
 Annalena Baerbock und Robert Habeck, beide Bundesvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen / © Kay Nietfeld (dpa)
Annalena Baerbock und Robert Habeck, beide Bundesvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen / © Kay Nietfeld ( dpa )

Erstmals soll es in der Geschichte der Grünen einen Kandidaten oder eine Kandidatin für das Kanzleramt geben. Wer es sein wird, das wollen die Parteivorsitzenden Annalena Baerbock und Robert Habeck unter sich ausmachen und am 19. April bekannt geben. Weißer Rauch bei den Grünen gewissermaßen - übrigens exakt 16 Jahre nach dem Tag, als ein gewisser Joseph Ratzinger zum Papst gewählt wurde.

Baerbock war eine Insiderin

Vor der Wahl zur Parteivorsitzenden 2018 war Baerbock - im Gegensatz zu Mitbewerber Habeck - nur Insidern bekannt. Das sollte sich schnell ändern. Und - glaubt man den Umfragen - hat sie mit Blick auf die Spitzenkandidatur inzwischen zumindest innerhalb der Partei die Nase vorn.

Die 40-jährige Mutter von zwei Kindern stammt aus Hannover und studierte Völkerrecht. Sie zog nach Brandenburg, wo sie von 2009 bis 2013 Landesvorsitzende der Grünen war, bevor sie Bundestagabgeordnete wurde. Mit ihrer Familie lebt sie in Potsdam, wo sie sich um ein Direktmandat bewirbt - größter Konkurrent im Wahlkreis ist Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD). Anders als ihr Parteikollege Habeck verfügt sie über keinerlei Regierungserfahrung.

Viele kirchennahe Positionen

Baerbock, die als Jugendliche Trampolinspringen als Leistungssport betrieb, gilt jedoch als durchsetzungsstark und faktensicher. Und als bodenständig; unter anderem engagiert sie sich in Potsdam für einen Flüchtlingshilfeverein.

Zu vielen ethischen Gesetzesfragen bezog sie klar Stellung und vertrat dabei auch kirchennahe Positionen: So war sie maßgeblich an der interfraktionellen Zustimmungslösung bei der Organspende beteiligt, die der Bundestag vor rund einem Jahr beschloss. Demnach soll die Organspende nach dem Tod eine bewusste und freiwillige Entscheidung bleiben, die nicht durch den Staat erzwungen werden darf. In puncto Sterbehilfe spricht sie sich dagegen aus, assistierte Suizidbeihilfe als Dienstleistung zuzulassen. Dies wäre eine "Kapitulation", erklärt sie auf ihrer Homepage.

Beim Thema Abtreibung dagegen vertritt sie anders als die Kirchen eine liberale Haltung und setzt sich für Streichung des Paragrafen 218 aus dem Strafgesetzbuch ein. Sie selbst, so Baerbock in einem Interview, sei Mitglied der protestantischen Kirche, aber nicht gläubig. In der Kirche sei sie geblieben, weil ihr die Idee des Miteinanders extrem wichtig sei.

Habeck hat Respekt vor Gläubigen

Ähnlich hält es Habeck, der sich als "säkularer Christ" bezeichnet. Er sei in einer "sehr christlichen" Familie aufgewachsen und nehme Religion theologisch ernst. In einem "Christ und Welt"-Interview erklärte er, dass er sich im Laufe der Zeit vom Glauben entfernt habe, nachdem er sich im Studium mit philosophischen Gottesbeweisen beschäftigt hatte. Er habe aber "tiefen Respekt für Menschen, die im Glauben Halt finden und Antworten geben".

Mit dem damaligen Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, traf er sich vor zwei Jahren zu einem Gespräch. Beide bekundeten damals ihren Respekt vor den jeweiligen Wertepositionen.

Erfahrungen als Landwirtschaftsminister

Habeck ist Familienvater von vier erwachsenen Söhnen. Er kommt aus Schleswig-Holstein, wo er bis heute seinen Wohnsitz hat, und studierte in Freiburg und Dänemark unter anderem Philosophie. Mit seiner Frau veröffentlichte er zahlreiche Bücher.

Seit 2002 ist er bei den Grünen, 2009 war er erstmals Spitzenkandidat in Schleswig-Holstein. 2012 wurde er dort Landwirtschaftsminister und schaffte es, als Grüner auch bei Landwirten zu punkten. 2017 gelang ihm eine erste Überraschung, als er bei seiner Bewerbung um einen Platz in der Doppelspitze der Parteiführung nur knapp dem damaligen Vorsitzenden Cem Özdemir unterlag.

Frei von Angst

Das große Thema des 51-Jährigen ist die Umweltpolitik, er engagiert sich aber auch in der Flüchtlingshilfe und setzt sich für eine großzügige Aufnahme von Geflüchteten ein. Mit Baerbock wirkte er am neuen Grundsatzprogramm der Grünen mit, das sich für ein "selbstbestimmtes Sterben frei von Druck" ausspricht. Auch die neue Regelung zur Organspende begrüßte er.

Von den beiden Kandidaten gilt Habeck als der intellektuelle Kopf, dessen Sprache allerdings manchmal etwas sehr blumig gerät. Wie die Entscheidung auch ausfällt, eines ist für ihn jetzt schon klar: Er sei frei von Angst, sagte er vor wenigen Tagen in einem Interview.

Und weiter: "Ich hatte ein Leben vor der Politik, und ich weiß darum, dass es auch ein Leben nach der Politik geben kann. Das gibt mir eine innere Freiheit."

 

Annalena Baerbock, Bundesvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen / © Michael Kappeler (dpa)
Annalena Baerbock, Bundesvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen / © Michael Kappeler ( dpa )

 

Robert Habeck, Bundesvorsitzender von Bündnis 90/Die Grünen / © Kay Nietfeld (dpa)
Robert Habeck, Bundesvorsitzender von Bündnis 90/Die Grünen / © Kay Nietfeld ( dpa )
Quelle:
KNA