Die Flüchtlingspolitik könnte Streitthema von CDU und FDP werden

Zähe Regierungsbildung in NRW

​Armin Laschet drängt auf eine rasche Einigung für eine neue Landesregierung, Christian Lindner lässt sich Zeit. Mit Spannung werden die Sondierungsgespräche zwischen CDU und FDP in Nordrhein-Westfalen erwartet.

Autor/in:
Johannes Nitschmann
Nach der NRW-Wahl: Laschet (rechts) und Lindner loten ihre Chancen aus / © Christian Charisius (dpa)
Nach der NRW-Wahl: Laschet (rechts) und Lindner loten ihre Chancen aus / © Christian Charisius ( dpa )

Nach der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen zeichnet sich eine zähe Regierungsbildung ab. Wichtige Reformvorhaben für Kindergärten und Schulen drohen ins Stocken zu geraten. Zudem könnte die Flüchtlings- und Integrationspolitik in den bevorstehenden Sondierungsgesprächen zwischen CDU und FDP zu einem unerwarteten Streitthema werden.

Während CDU-Wahlgewinner Armin Laschet etwa wegen der Existenznot zahlreicher Kitas zur raschen Einigung auf eine neue Landesregierung drängt, scheint FDP-Chef Christian Lindner keine Eile zu haben und mit Blick auf die Bundestagswahl im Herbst erst mal auf Zeit zu spielen. Bei der Kindergarten-Finanzierung stünden die Träger "am Rande dessen, was sie noch leisten können", sagt Laschet. "Da brauchen wir Antworten."

KiBiz-Reform nötig

Die abgewählte rot-grüne Landesregierung hatte die Finanzlöcher in den Kitas mit einer millionenschweren Übergangs-Finanzierung notdürftig gestopft. 2018 wollten SPD und Grüne das umstrittene Kinderbildungsgesetz (KiBiz) grundlegend reformieren. Für das KiBiz aus dem Jahr 2009 war seinerzeit Laschet als Familienminister der damaligen schwarz-gelben Landesregierung verantwortlich.

Im Falle seiner Wahl zum Ministerpräsidenten wird der 56-Jährige sein eigenes Gesetz runderneuern müssen. Die Kindergarten-Finanzierung von Land und Kommunen ist für die Kirchen und andere freie Träger nicht mehr auskömmlich. Etliche Kitas in NRW sind wegen Finanzproblemen bereits geschlossen oder von ihren Trägern den Kommunen übertragen worden.

Zeit ist knapp

In seinem "100-Tage-Programm" hat Laschet klare Weichenstellungen zur Existenzsicherung der landesweit 9.600 Kindergärten zugesichert. "Wir vereinbaren unverzüglich mit kommunalen Spitzenverbänden, Kirchen und Wohlfahrtsverbänden einen Sofort-Fahrplan zur Neuaufstellung der Kitafinanzierung." Hierbei gäbe es mit einem FDP-Koalitionspartner offenbar keine Konflikte. Wie die CDU wollen die Liberalen in eine bessere Betreuungsqualität investieren und an Kita-Gebühren festhalten. Die in NRW geltende Gebührenfreiheit für das letzte Kindergartenjahr würde von einer schwarz-gelben Landesregierung wohl nicht angetastet werden.

Die Zeit für eine KiBiz-Reform drängt, da die Übergangsfinanzierung mit dem Kindergartenjahr 2017/2018 ausläuft. Ein parlamentarisches Gesetzgebungsverfahren für eine Kita-Reform kann mit Sachverständigen-Anhörungen bis zu einem Jahr dauern. Kommt die neue Regierung nicht vor der Sommerpause ins Amt, würde es knapp.

"Knackpunkt" Flüchtlings- und Integrationspolitik

Ebenso ungeduldig ist Laschet auf dem Feld der Schulpolitik. "Wichtige Entscheidungen hier benötigen eine Vorlaufzeit - etwa bei der Reform des "Turbo-Abiturs". Wenn die von CDU und FDP favorisierten Wahlmöglichkeiten zwischen acht- und neunjähriger Gymnasialzeit zum Schuljahr 2018/2019 realisiert werden sollen, müsste die Landesregierung Reformschritte in den kommenden Wochen gesetzgeberisch auf den Weg bringen.

Einig sind sich CDU und FDP auch, Schließungen von Förderschulen zu stoppen und die Ausweitung der Inklusion auszusetzen, bis ausreichend Sonderpädagogen und Finanzen zur Verfügung stehen. Überraschend hat FDP-Chef Lindner die Flüchtlings- und Integrationspolitik zum "Knackpunkt" in den Sondierungsgesprächen über eine Regierungsbildung mit der CDU erklärt. "Wir brauchen Ordnung in der Zuwanderung", verlangt Lindner. In einem möglichen Koalitionsvertrag will er fixieren, dass eine NRW-Regierung über den Bundesrat ein Einwanderungsgesetz zur Steuerung der Flüchtlingsströme initiiert. Kanzlerin Angela Merkel und die Bundes-CDU lehnen dies bisher kategorisch ab.

Kritik an Merkel-Politik

Mit gezielten Provokationen gegen die "konturenlose Merkel-CDU" hat FDP-Frontmann Lindner die Sondierungsgespräche inzwischen belastet. Dabei gilt Laschet als nibelungentreuer Merkel-Anhänger, der die Flüchtlingspolitik der Kanzlerin gegen die CSU-Angriffe aus Bayern verteidigt hat. Die Integrationspolitik sah Laschet in der rot-grünen Landesregierung immer unterbewertet. Als Ministerpräsident würde der frühere Integrationsminister dieses Ressort vermutlich in seine Staatskanzlei eingliedern und zur Chefsache machen.


Quelle:
KNA