DOMRADIO.DE Chefredakteur dokumentiert Stichworte aus WSW-Gutachten

"Die Fragen bleiben für uns unbeantwortet"

Das zurückgehaltene Münchner Gutachten wurde in der vergangenen Woche erstmals unter Auflagen interessierten Journalisten vorgestellt. DOMRADIO.DE Chefredakteur Ingo Brüggenjürgen hat einige Stichworte festgehalten.

Autor/in:
Ingo Brüggenjürgen
Historische Unterlagen im Regal eines Bistumsarchivs / © Julia Steinbrecht (KNA)
Historische Unterlagen im Regal eines Bistumsarchivs / © Julia Steinbrecht ( KNA )

Am vergangenen Donnerstag gab es einen Einblick in das zurückgehaltene Gutachten der Münchner Kanzlei Westpfahl Spilker Wastl. DOMRADIO.DE-Chefredakteur Ingo Brüggenjürgen hatte einen Termin und dabei 90 Minuten Zeit für die 510 Seiten. Hier dokumeniert er nach einem ersten Eindruck einige Stichworte aus dem WSW-Gutachten:

Laien

Auch das WSW-Gutachten kommt zu dem Ergebnis, dass im Gegensatz zu den beschuldigten Klerikern bei den beschuldigten Laien im kirchlichen Dienst konsequent "arbeitsrechtliche Maßnahmen ergriffen wurden" und die Arbeitsverhältnisse beendet wurden. 

Frauen

Bei den Empfehlungen wird unter Punkt 11 "Stärkung der Rolle der Frauen in kirchlichen Leitungsfunktionen" den kirchlich Verantwortlichen von den Gutachten folgernder Rat gegeben: "Nicht selten wird im Zusammenhang mit Fehlentwicklungen innerhalb der Kirche mit Recht beklagt, dass eine Ursache dafür auch in einem manifestierenden männerbündischen System zu sehen sei. Diesem Befund lässt sich aus Sicht der Gutachter mit einiger Aussicht auf Erfolg auch dadurch entgegenwirken, dass kirchliche Leitungsfunktionen, die mit entsprechenden Entscheidungsbefugnissen auch im Verhältnis zu Klerikern ausgestattet sind, bewusst auf Frauen übertragen werden und somit jedenfalls auf administrativer Ebene ein Kulturwandel innerhalb der Kirche wenn nicht begonnen, so doch forciert wird."

Kardinal Woelki

Die Gutachter entlasten den Kölner Kardinal Woelki im Hinblick auf seine Vorgänger, die bis 2010 keine Meldungen an die Staatsanwaltschaft machten und auch keine vorgeschriebenen kirchlichen Voruntersuchungen einleiteten. Während es unter den Vorgängern Meisner und Höffner vielfach nur "brüderliche Ermahnungen" gab und es den beschuldigten Klerikern "oftmals gelang, sich selber als Opfer zu präsentieren", änderte sich dies erst ab 2012 als mehr Fälle gemeldet wurden. "Erst der amtierende Erzbischof sorgte dafür, dass einige bereits vor seiner Amtszeit bekannt gewordene Fälle der Glaubenskongregation mitgeteilt wurden" und so pflichtgemäß zur Kenntnis gebracht wurden.  

Die Gutachter heben ferner hervor, "dass insbesondere der amtierende Erzbischof sich auf dahingehenden Wunsch der Geschädigten auch zu persönlichen Gesprächen mit diesen bereit erklärt hat. Er hat dadurch ein deutliches Signal dafür gesetzt, dass er sich nicht nur persönlich der Problematik sexuellen Missbrauches und den in diesem Zusammenhang gegen die Kirche erhobenen Vorwürfen stellt, sondern auch welchen Stellenwert das im Einzelnen für ihn hat." 

Geschädigte

Konsequent spricht das WSW Gutachten von "Geschädigten".  Das WSW Gutachten dokumentiert anschaulich ein Grundversagen der kirchlichen Verantwortungsträger, in dem es aus einer Mail eines Geschädigten an den Interventionsbeauftragten zitiert: "... was ihr dem Geringsten meiner Brüder getan habt, das habt ihr mir getan - was ihr ihm nicht getan habt, das habt ihr mir nicht getan. So soll es vor 2000 Jahren einer gesagt haben. Egal ob 1980 oder wann auch immer: (Im Original fett hervorgehoben)

Warum ist keiner der Männer, die ihr Leben in ganz besonderer Form der christlichen Botschaft gewidmet haben auf die Idee gekommen, mit uns Kindern und Jugendlichen zu sprechen? Warum ist es nicht möglich, Empathie für die Opfer zu empfinden, völlig unabhängig von den damaligen psychologischen Erkenntnissen über die Auswirkungen von sexueller Gewalt... allein aus einer tiefen christlichen Überzeugung heraus, im Leiden der Nächsten - vielleicht sich selber und dem Göttlichen zu begegnen... Die Fragen bleiben für uns unbeantwortet!"

Die Gutachter kommentieren diese erschütternde Aufzeichnung klar und deutlich: "Dem ist aus der Sicht der Gutachter nichts hinzuzufügen!"


Quelle:
DR