Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, hat vor den seelischen Folgen der Corona-Pandemie gewarnt. "Wir spüren alle die Verwundung in der Gesellschaft. Die Geduld geht zu Ende. Die seelischen Inzidenzen gehen steil nach oben", sagte er am Montag in einem Online-Pressegespräch.
Besonders die Situation vieler junger Menschen mache ihm Sorgen. "Den ersten Kuss kannst du nicht auf irgendeine Ipad-Scheibe geben." Die langfristigen gesundheitlichen Folgen der Kontaktbeschränkungen seien noch gar nicht messbar. "Hier wird viel zerstört."
Kirchen müssen Hoffnung machen
Bedford-Strohm, der auch bayerischer Landesbischof ist, rief dazu auf, die bevorstehenden Kar- und Ostertage ganz bewusst zu begehen. Die Kirchen seien an diesem zweiten Osterfest unter Pandemiebedingungen besonders gefordert, den Menschen Hoffnung zu machen. Daher hätten sie auch bewusst an Präsenzgottesdiensten festgehalten.
Die Botschaft der Kar- und Ostertage spreche in diesem Jahr besonders in das gesellschaftliche Leben hinein. Viele Menschen fühlten sich ähnlich verlassen wie Jesus am Kreuz. Aber am Ende siege nicht der Tod und die Verzweiflung, sondern das Leben.
Weiterhin an die Anti-Corona-Regeln halten
Der Ratsvorsitzende verlangte klare Botschaften von der Politik und sprach sich für kluge Öffnungsschritte aus. "Wenn Menschen einen negativen Schnelltest haben, warum sollen sie nicht ein Kulturprogramm mitmachen können?" Der Blick auf die "seelische Inzidenz" verlange das.
Zugleich rief er die Menschen dazu auf, einander weiter beizustehen und Solidarität zu zeigen. Jeder Einzelne müsse weiterhin die Kraft aufbringen, "dass wir uns an die Regeln halten, die notwendig sind, um dieses aggressive Virus zu bekämpfen". Die nächsten 100 Tage seien entscheidend im Umgang mit dem Coronavirus.
Die Kirche sei auch weiterhin bereit, ihren Beitrag zur Bekämpfung der Pandemie zu leisten, betonte Bedford-Strohm. Ihre Beratungsstellen seien sehr aktiv, die Gemeindepfarrer bemühten sich, den Menschen beizustehen und zahlreiche Landeskirchen hätten Notmittel für soziale Projekte bewilligt.