Ob er am liebsten selbst anstelle seines Sondergesandten Kardinal Fernando Filoni nach Bagdad und Erbil gereist wäre, oder ob er einen solchen Besuch nach der Rückreise von Korea plant, blieb offen. Aber es zeigt, dass dem Papst derzeit kein Mittel zu fern ist, sich angesichts der Katastrophe für die Christen im Irak solidarisch zu zeigen.
Mit einem Crescendo von öffentlichen Initiativen hatte der Vatikan zunächst in einem Kommunique von seinem Sprecher Federico Lombardi Sorge über den Vorstoß der IS-Dschihadisten im Nord-Irak geäußert. Dann wandte er sich an das beim Heiligen Stuhl akkreditierte Diplomatische Corps. Schließlich schrieb Franziskus einen Brief an UN-Generalsekretär Ban Ki-Moon, bat ihn um Hilfe, und schickte den Irak-Kenner Filoni ins Land.
"Anormale Bedingungen"
Es ist nicht das erste Mal, dass ein Papst Besuchspläne für den Irak hegt. Bereits zum Heiligen Jahr 2000 wollte Johannes Paul II. die Stätten des Erzvaters Abraham im Irak aufsuchen. Das lange aussichtsreiche Projekt wurde im letzten Moment vom Irak abgesagt: Die "anormalen Bedingungen" im Land aufgrund des von den USA verhängten Embargos und des Flugverbots erlaubten keine Planung einer Papstreise, so die Begründung von Saddam Hussein.
Bleibt die Frage, was Papst Franziskus mit einer Reise in den Irak erreichen könnte. Natürlich wäre es ein starkes Signal der Verbundenheit insbesondere mit den Christen. Ein wichtiger Gesprächspartner wäre sicher Kurdenführer Masud Barzani, schließlich haben um die kurdische Hauptstadt Erbil viele Christen aus Mossul Zuflucht gefunden. Er habe mit Barzani Ende Mai über die Lage gesprochen, sagte Franziskus - und war dabei offenbar auf viel Verständnis gestoßen.
Vor einer solchen Reise würde der Papst jedoch sicher erst mit seinen Mitarbeitern Nutzen und Risiko abwägen und diplomatische Kontakte befragen. Erörtert werden müssten Reiserouten und Besuchsorte sowie politische Gesprächspartner. Und geklärt werden müsste, wo und wie er die Katholiken im Land treffen könnte. Ein Open-Air-Gottesdienst jedenfalls dürfte an Sicherheitsbedenken scheitern.
Keine Überraschung waren dagegen die Antworten des Papstes auf die Frage, ob US-Bombardements gegen IS-Stellungen legitim seien. Die Menschheit habe das Recht, "einen ungerechten Aggressor zu stoppen", zitierte er die katholische Position zum Recht auf Verteidigung. "Ich benutze bewusst das Wort stoppen, ich spreche nicht von bombardieren oder Krieg führen", fügte er hinzu. Dieses "Stoppen" müsse mit geeigneten Mitteln erfolgen. Zudem müsse das Vorgehen international abgesegnet sein, etwa durch die Vereinten Nationen.
Bedingungen für Gewalt
Die katholische Lehre erlaubt durchaus, sich in Notwehr militärisch zu verteidigen, hält es in manchen Fällen sogar für geboten - freilich unter strengen Auflagen. Dazu gehört, dass der Schaden, der einer Nation oder der Völkergemeinschaft zugefügt wird, sicher feststeht, schwerwiegend und von Dauer ist. Alle übrigen Mittel zu Beendigung des Schadens müssten sich als undurchführbar oder wirkungslos erwiesen haben. Der Vatikan sah eine solche "Rote Linie" Mitte der 1990er Jahre etwa in Bosnien überschritten. Und jetzt sprechen Vatikandiplomaten wie der Irak-Nuntius Giorgio Lingua von einem "Genozid", der eine militärische Intervention erlaube.
In vielen Teilen der Welt herrsche heute Krieg, beklagte der Papst bei seiner einstündigen Pressekonferenz an Bord der Korean Airlines. "Jemand sagte mir, wissen Sie, dass wir im Dritten Weltkrieg sind, aber in Stücken", zitierte Franziskus einen anonymen Gesprächspartner - ohne den Gedanken zu vertiefen oder sich zueigen zu machen. Aber er verwies die mitreisenden Medienvertreter auf zwei Phänomene, die ihm besondere Sorge bereiteten: Grausamkeit und Folter. Folter, wie sie inzwischen fast zum gängigen Instrument von Geheimdiensten gehöre, sei eine "schwere Sünde", eine Sünde gegen die Menschheit.