DOMRADIO.DE: Wenn sich nicht noch mehr Erwachsene impfen lassen, was bedeutet das für die Kitas, also für die Eltern, die Kinder und das Personal?
Bernadette Rupa (Sprecherin der diözesanen Arbeitsgemeinschaft Kita/Kindertagespflege der Caritas im Erzbistum Paderborn): Unser Personal ist überwiegend geimpft, aber die Kinder sind natürlich unter fünf. Das heißt, für die gibt es gar keinen Impfstoff und dementsprechend sind sie völlig ungeschützt und werden diejenigen sein, die am meisten von der Pandemie in nächster Zeit betroffen sind. Das ist ja eigentlich auch heute schon, wenn man sich die Zahlen gerade bei kleineren Kindern inzwischen anguckt.
DOMRADIO.DE: Wie sieht das ganz konkret in den einzelnen Kindertagesstätten aus? Krankenstand, Infektionen im Erziehungspersonal?
Rupa: Es ist natürlich so, dass, wenn sich auch Erzieher anstecken, wir natürlich überall im ganzen Bistum immer auch die Situation haben, dass wir Gruppen schließen müssen. Das heißt ja auch dementsprechend, Eltern keine Betreuungsmöglichkeiten und Kindern keine Teilhabe am sozialen Leben mehr zu ermöglichen.
DOMRADIO.DE: Vor allem kleine Kinder können noch keinen Abstand einhalten, müssen keine Masken tragen, fassen vieles an, stecken vieles in den Mund. Ist eine Impfpflicht für Erwachsene aus Ihrer Sicht eine plausible Lösung, damit die Kleinkinder besser geschützt werden können?
Rupa: Ich denke schon. Wir haben gerade da eine ganz große Verantwortung, gerade den kleinen Kindern gegenüber. Deswegen plädieren wir ja auch für eine allgemeine Impfpflicht, weil wir denken, nur eine berufsbezogene oder einrichtungsbezogene, wie sie jetzt für medizinische Einrichtungen geplant ist, kann zwar ein erster Schritt sein, ist aber nicht insgesamt zielführend, weil Kinder sich überwiegend im häuslichen Umfeld anstecken und es dann mit in die Einrichtung bringen.
DOMRADIO.DE: Das Gegenargument ist, dass die meisten Kinder keine starken Symptome entwickeln. Was sagen Sie dazu?
Rupa: Das wissen wir ja noch nicht. Es gibt inzwischen Studien, gerade der neuen Omikron-Variante, da wissen wir erst recht nicht, was Sache ist. Gerade aus Südafrika gibt es Studien, nach denen gerade dort Kinder besonders betroffen sind, weil sie auch diejenigen sind, die dann überhaupt nicht geimpft sind. Welche Langzeit-Folgen Kinder haben, selbst wenn sie nicht auf der Intensivstation landen, ist ja auch unklar.
DOMRADIO.DE: Sie können auch andere Ungeimpfte oder natürlich auch die Geimpften anstecken. Ist auch ein Dilemma, was es ja nicht gerade einfacher macht?
Rupa: Genau so ist es. In den Kitas gibt es jetzt derzeit auch noch keine Verpflichtung zu testen. Es ist so, dass wir zwar den Eltern Tests zur Verfügung stellen, aber da kann man ja auch nicht immer davon ausgehen, dass es richtig gehandhabt wird. Insofern ist das eine schwierige Ausgangssituation und deswegen glaube ich, dass nur eine allgemeine Impfpflicht dort helfen würde.
DOMRADIO.DE: Kinder zu Hause lassen, ein erneuter Lockdown ist aus Ihrer Sicht auch keine Lösung. Warum?
Rupa: Nein, ich denke mir, gerade Kinder brauchen zum Lernen auch die Gemeinschaft. Gerade in Kitas geht es darum, Kindern soziale Teilhabe und soziale Kontakte haben zu lassen. Es wird dort soziales Verhalten gelernt, Sprache gelernt, Kreativität gelernt und es ist ein Bildungsort, keine Verwahranstalt zur Betreuung, weil Eltern arbeiten gehen müssen. Insofern muss man das schon differenzierter betrachten. Man will ja auch Schulen nicht schließen. Und ich glaube genauso wichtig ist es auch, Kitas nicht schließen zu müssen.
DOMRADIO.DE: Fassen wir zusammen: Unter welchen Gegebenheiten stimmen Sie für eine Impfpflicht?
Rupa: Wir sind insgesamt für eine Impfpflicht für Erwachsene, nicht natürlich für Kinder. In Kitas sind relativ wenige, die überhaupt geimpft werden können, weil es ja nur bis fünf Jahre geht. Und ich glaube, dass unsere Gesellschaft einfach insgesamt eine Verpflichtung hat. Gerade Menschen zu schützen - besonders kleine - und nicht nur Senioren.
Das Interview führte Dagmar Peters.