Am 29. April tritt auf dem Aventin in Rom der große Staatsrat des Malteser zusammen, um einen neuen Großmeister zu wählen. Früher war die Kür der Nummer eins des geistlichen Ritterordens kaum mehr als eine Randnotiz. Doch diesmal dürfte sich die Wahl zu einem medialen Konklave auswachsen - auch ohne weißen Rauch.
Orden-Reformation
Denn in den vergangenen Monaten ging es bei den Maltesern, die Träger einer der größten humanitären Hilfsorganisationen sind, wenig ritterlich zu: Erst setzt der damalige Großmeister Matthew Festing im Dezember den deutschen Großkanzler des Ordens vor die Tür, Albrecht von Boeselager; dann zwang ihn der Papst im Januar dazu, selbst den Hut zu nehmen. Damit nicht genug ernannte Franziskus auch noch einen Sonderbeauftragten, der den Orden reformieren soll.
Kritik an Papst
Was als interne Querele begann, weitete sich zum offenen Schlagabtausch zwischen Vatikan und Großmeister aus und schließlich sogar - zumindest in der medialen Darstellung - zu einer Art Stellvertreterkrieg zwischen Anhängern und Kritikern des Papstes.
Dazu trug nicht zuletzt bei, dass offenbar der prominenteste Kritiker des Papstes seine Hände bei der Absetzung von Boeselagers im Spiel hatte: Kardinal Raymond Leo Burke. Der Amerikaner ist Kardinalpatron der Malteser und damit Verbindungsmann zwischen Papst und Orden. Und zudem einer der vier Kardinäle, die in einem Brief an den Papst öffentlich Zweifel an seinem Schreiben "Amoris laetitia" bekundet hatten. Dass es in dem Konflikt wenigstens vordergründig auch noch um die Verteilung von Kondomen ging, sicherte zusätzliche Aufmerksamkeit.
Festing hatte von Boeselager vorgeworfen, in seiner Zeit als Ordenskoordinator für humanitäre Hilfe die Verteilung von Präservativen in Myanmar, nicht gestoppt zu haben, obwohl er davon gewusst habe. Von Boeselager widersprach. Im Hintergrund standen jedoch offenbar tiefgreifende Meinungsverschiedenheiten über den Kurs der Ordens.
Kleine Auswahl
Mit der Wahl eines neuen Ordensleiters soll nun wieder Normalität bei den Maltesern einkehren: Die Zahl der potenziellen Kandidaten ist allerdings sehr überschaubar: Denn Großmeister kann nur werden, wer lebt, wie der heilige Ignatius von Loyola und blaublütig ist, wie der Prince of Wales. Gewählt werden können ausschließlich sogenannte Professritter. Das sind jene Malteser, die ein Leben in Armut, Keuschheit und Gehorsam gelobt haben. Davon gibt es rund 60. Darüber hinaus muss ein Großmeister adelige Vorfahren über einen Zeitraum von mehr als 300 Jahre nachweisen können. Übrig bleiben dann nur rund ein Dutzend Kandidaten, der älteste von ihnen soll bereits 97 Jahre sein.
Auf Lebenszeit
Großmeister werden auf Lebenszeit gewählt. Ein Kandidat hat seinen Hut bereits in den Ring geworfen: Der frühere Amtsinhaber Festing. Der Papst hätte nichts dagegen, wenn er wieder zum Großmeister gewählt werden würde, verkündete er vor einigen Wochen in einem Interview. Er habe Franziskus selbst danach gefragt.
Beobachter halten es jedoch für äußerst unwahrscheinlich, dass ein Großmeister, der vom Papst zum Rücktritt gezwungen wurde, Chancen auf einen Wiederwahl habe. Ein deutscher Großmeister ist historisch gesehen noch unwahrscheinlicher als ein deutscher Papst. Bislang gab es das nur einmal: Von 1797 bis 1799. Damals stand Ferdinand Joseph Hermann Anton Freiherr von Hompesch zu Bolheim aus Zülpich bei Köln an der Spitze des Malteserordens. Von Boeselager, der bisweilen in diesem Zusammenhang genannt wird, kann nicht zum Großmeister aufsteigen, weil er nicht Professritter ist.
Angesichts dieses begrenzten Kandidatenreservoirs rechnen manche Beobachter damit, dass die Malteser zunächst nur einen übergangsweisen Leiter wählen. Diese Möglichkeit sieht die Ordensverfassung ausdrücklich vor; sie wurde bereits mehrfach praktiziert. So könnte man zunächst die Reform der Ordensverfassung abwarten, die möglicherweise zu einer Abschaffung des Adelsnachweises führt. Damit würde sich der Kreis der potenziellen Kandidaten deutlich erweitern. Dass Großmeister künftig auch jene Malteser werden können, die zuvor nicht Armut, Keuschheit und Gehorsam gelobt haben, gilt hingegen als äußerst unwahrscheinlich.