Die Situation an der Elfenbeinküste spitzt sich weiter zu

"Christen brauchen keine Angst zu haben"

Verzweifelte Menschen versuchen, sich ins Nachbarland Liberia zu flüchten. Häuser werden niedergebrannt und Frauen vergewaltigt. Es wird überdeutlich: Die Lage an der Elfenbeinküste wird immer prekärer. Die katholische Kirche ruft zu Frieden auf – doch bloße Gesten und Verhandlungsversuche scheinen eine Eskalation kaum noch verhindern zu können.

Autor/in:
Katrin Gänsler
 (DR)

Dabei haben es die Vereinten Nationen, aber auch die Afrikanische Union (AU) in den vergangenen Wochen immer wieder versucht. Doch erst am Mittwoch musste etwa der kenianische Ministerpräsident Raila Odinga die "sehr langen Gespräche" für gescheitert erklären.



Verhandelt wird an der Elfenbeinküste bereits seit der geschichtsträchtigen Stichwahl vom 28. November, die die Opposition mit ihrem Kandidaten Alassane Ouattara gewann. So sieht es die internationale Staatengemeinschaft, die ihn als Wahlsieger anerkannte. Unterdessen ließ sich der bisherige Präsident Laurent Gbagbo ebenfalls vereidigen - und beruft sich auf eine Entscheidung des Verfassungsgerichts. Er ist nicht zu einem Machtverzicht bereit.



Genau diese Situation stürzt das Land immer mehr in den Abgrund. Seit Ende November haben nach Informationen des UN-Flüchtlingshilfswerks (UNHCR) mehr als 30.000 Menschen im Nachbarland Liberia Zuflucht gesucht. Vor allem in der Wirtschaftsmetropole Abidjan nimmt die Gewalt weiter zu. Nach offiziellen Schätzungen sollen bereits mehr als 260 Menschen ums Leben gekommen sein. Doch nicht nur das: UN-Sprecher mutmaßen bereits über einen Völkermord in dem Land, das der weltweit größte Kakaoproduzent ist.



"Nein zu einem militärischen Eingriff"

Ähnliche Sorgen treibt auch die katholische Bischofskonferenz um, die zu Monatsbeginn eine Erklärung zur politischen Lage nach den Stichwahlen veröffentlichte. Jede Menge Hoffnung hätten sie in die Wahl gesetzt; doch letztendlich habe sie bislang nur Leid und Elend gebracht, und ein Ende sei nicht absehbar. Trotzdem setzt die Kirche weiter auf eine friedliche Lösung. "Nein zu einem militärischen Eingriff", heißt es. Schließlich seien die Folgen für das Land nicht absehbar. Die internationale Gemeinschaft müsse das akzeptieren.



Doch genau diese Einstellung ruft scharfe Kritik hervor - denn eine friedliche Lösung scheint unerreichbar. Daher drohte die westafrikanische Wirtschaftsgemeinschaft Ecowas bereits mit einem Eingreifen - falls Gbagbo sich nicht freiwillig zurückziehen will. Für eine stärkere militärische Präsenz hat sich auch am Mittwoch der Weltsicherheitsrat entschieden. Zwar sind es "nur" Blauhelmsoldaten. Doch deren Anzahl wird noch einmal um 2.000 auf dann knapp 12.000 aufgestockt.



"Leute wollen Debatte mit Religion garnieren"

An der Elfenbeinküste selbst wird indessen spekuliert, weshalb die Bischofskonferenz sich weiter gegen ein militärisches Eingreifen stellt. In ihrem Papier bekennen sie sich weder zu Ouattara noch zu Gbagbo. Doch in einem TV-Interview rief schon vor einigen Wochen Kardinal Bernard Agre, früherer Erzbischof von Abidjan, dazu auf, die Entscheidung des Verfassungsgerichts anzuerkennen. Das erklärte Gbagbo zum Wahlsieger - und der ist Katholik.



Diese Sorge kennt auch der Kontrahent - und Muslim - Ouattara. "Hier versuchen einige Leute, die Debatte mit Religion zu garnieren. Doch dafür ist kein Platz", betonte er im Interview der französischen Tageszeitung "La Croix" (Donnerstag). Und weiter: "Meine Frau ist Katholikin; wir sind eine ökumenische Familie." Die Christen, meint Ouattara, brauchten "keine Angst vor einer muslimischen Machtübernahme zu haben".