Die Weltbischofssynode sucht ihr zentrales Thema

Ringen um das rechte Wort

Die Weltbischofssynode im Vatikan hat ihre erste Etappe absolviert. Nach der Eröffnung am 5. Oktober standen Berichte aus den Kontinenten und Einzelbeiträge von Teilnehmern auf dem Programm. Trotz der auf fünf Minuten begrenzten Redezeit verlangt dies bei 253 Bischöfen Konzentration und Sitzfleisch von allen Beteiligten. Eine Zwischenbilanz von Burkhard Jürgens.

Autor/in:
Burkhard Jürgens
 (DR)

Um schon zu Beginn der zweiten Sitzungswoche von einem Trend der Bischofsversammlung über «Das Wort Gottes im Leben und in der Sendung der Kirche» zu sprechen, ist es noch zu früh. Das liegt zum einen an der breiten Vielfalt der Statements, die nicht im Fortgang der Debatte entstehen, sondern von den Bischöfen meist schon als fertige Manuskripte mitgebracht wurden. Zum zweiten folgen die Eingaben dem Aufbau der Beratungsvorlage der Synode.

Dort geht es im ersten Teil um Fragen der Offenbarung und der Bibelinterpretation, in einem zweiten großen Abschnitt um das Wort Gottes in Liturgie und Glaubenspraxis. Konkrete Fragen der Evangelisierung, der verschiedenen Aufgaben von Laien und Amtsträgern wie auch Ökumene und interreligiöser Dialog erscheinen erst im letzten Teil. Damit werden Themen, die gerade im deutschen Sprachraum breites Interesse finden, erst auf den hinteren Plätzen der Rednerliste verhandelt.

Ökumene und außergewöhnliche Gäste
Der Basler Bischof Kurt Koch kündigte an, seinen Kurzvortrag der Rolle der Bibel in der Ökumene und im Gespräch der Religionen zu widmen. Auch der deutsche Kurienkardinal Walter Kasper dürfte sich pointiert zu diesen Fragen äußern. Dass Papst Benedikt XVI. von der 12. Ordentlichen Weltbischofssynode den Blick über den katholischen Tellerrand hinaus erwartet, machen zwei Einladungen deutlich, die in der Synodengeschichte ohne Beispiel sind: Als Gastredner gewann er sowohl das Ehrenoberhaupt der Weltorthodoxie, Patriarch Bartholomaios I., als auch Oberrabbiner Schar Jischuw Cohen aus Haifa.

Letzterer erläuterte den Synodalen in seinem Vortrag zu Beginn des Treffens die zentrale Bedeutung der Heiligen Schrift im Judentum. Auch bei aktuellen Fragen verlören die Heiligen Schriften nie ihre Vitalität und Bedeutung, so Cohen. Nicht die Thesen des Rabbiners waren eine Neuheit, sondern die Tatsache, dass die jüdische Perspektive einen Platz in dem hohen katholischen Gremium hat.

Schlagzeilen machte Cohen dann auch mehr mit seiner Forderung nach Solidarität mit Israel gegen die iranische Bedrohung und - außerhalb der Synodenaula - mit Kritik an Papst Pius XII. (1939-1958) und dessen Rolle in der NS-Zeit.

Wie sensibel das Verhältnis zum Judentum allein unter den Bischöfen selbst ist, zeigten beispielhaft die kurzen Beiträge des Lateinischen Patriarchen von Jerusalem, Fuad Twal, und des Bischofs von Nevers, Francis Deniau. Nach Twals Worten erschweren im Palästina-Konflikt «politische und ideologische Interpretationen» den arabischen Christen einen Zugang zum Alten Testament. Sie sollten daher diesen Teil der Heiligen Schrift «im Licht Christi» lesen. Der französische Bischof hingegen verteidigte die Rechtmäßigkeit einer eigenen jüdischen Sicht auf die Bibel und die Gültigkeit des jüdischen Heilswegs - «auch wenn das Nein der Juden zu Jesus uns schmerzt».

Forderung nach besserer Predigtkultur
Wie schon bei früheren Synoden forderten zahlreiche Bischöfe eine bessere Predigtkultur und mehr Sorgfalt in der Liturgie. Dass katholische Laien und vor allem Kleriker die Bibel stärker für ihr geistliches Leben nutzen sollten, war als Forderung ebenso häufig wie die Klage über den Schwund selbst grundlegender Schriftkenntnisse. Der Präfekt der Bildungskongregation, Kardinal Zenon Grocholewski, sprach vor dem Hintergrund einer europaweiten Studie bitter von einer «unglaublichen Ignoranz» in Sachen Bibel.

Eine wachsende Sorge der lateinamerikanischen und afrikanischen Bischöfe sind hingegen evangelikale Sekten, die mit ihrem eigenwilligen, aber offenbar ansprechend simplen Bibelverständnis immer mehr Einfluss gewinnen. Der aus dem Münsterland stammende peruanische Bischof Norbert Klemens Strotmann Hoppe warf der katholischen Kirche vor, gegenüber dieser Herausforderung «strategieunfähig» zu sein. Allemal gilt die Beobachtung des Glaubenspräfekten Kardinal William Levada, die auch bei der Diskussion um Bibel und Ökumene wieder eine Rolle spielen dürfte: dass die Heilige Schrift für die verschiedenen Konfessionen sowohl eine gemeinsame Basis als auch der Grund der Trennung ist.