In einem Vortrag beim "Ordenstag" sagte Schavan am Dienstagnachmittag in Wien, es gebe trotz aller Probleme keinen Grund für einen Pessimismus, der das Ende des Christentums nahen sehe.
Die Ordensgemeinschaften sollten manchen notwendigen strukturellen Rückbau mit der Suche nach neuen Wegen in die Zukunft verbinden, empfahl Schavan. Die Geschichte des Christentums sei zutiefst eine Geschichte der Erneuerung. Und oft seien diese Erneuerungen von Orden getragen worden: "Auch heute können Orden weltweit solche Erneuerungsmilieus sein." Die Ex-Botschafterin mahnte in diesem Zusammenhang auch mehr Wertschätzung für die Orden in der Kirche ein.
Christen gegen Nationalismus
Insgesamt, so Schavan weiter, brauche es in der Kirche "mehr Geistesgegenwart für das Leben von Menschen heute, ihre Gedanken und Hoffnungen, ihre Sehnsucht und Einsamkeit, aber auch ihre Kreativität und Gestaltungskraft".
Das alles finde man aber weniger in Metropolen oder Kathedralen, sondern vielmehr an den Rändern, wo auch Papst Franziskus den Ort der Kirche sehe. In der Auseinandersetzung mit diesen Rändern seien auch viele Orden entstanden.
"Solidarität präsenter machen"
Die frühere Vatikan-Botschafterin skizzierte einige Wesensmerkmale einer erneuerten Kirche. Es gelte etwa, die Solidarität der Christenheit im Leben und Leiden der Menschen präsenter zu machen.
Schavan kritisierte zudem einen zunehmenden Nationalismus; weltweit, aber vor allem auch in Europa. Dagegen müssten die Christen auftreten. Die Weltkirche müsse Vorbild dafür sein, wie Respekt vor kultureller Vielfalt gelebt wird.
"Große Herausforderungen nur gemeinsam zu bewältigen"
Kritik übte Schavan in diesem Zusammenhang an so mancher Ortskirche, die sich an nationalistischen Strömungen orientiere. Dabei sei offensichtlich, dass die großen Herausforderungen der Gegenwart nur gemeinsam zu bewältigen seien, so Schavan im Blick auf die Pandemie, den Klimawandel, schwindende Biodiversität oder die Armut in der Welt.