DOMRADIO.DE: Sie haben schon mehrere Weltjugendtag miterlebt. Wie sind die "Tage der Begegnung" aus Ihrer Sicht in diesem Jahr gelaufen?
Dr. Tobias Schwaderlapp (Diözesanjugendseelsorger im Erzbistum Köln): Die "Tage der Begegnung" sind immer besondere Tage und sie sind von Mal zu Mal völlig unterschiedlich. Ich erinnere mich daran, wie wir damals über fünf verschiedene, kaputte Routen nach Panama gekommen sind. Teilweise sind wir die Nacht hindurch über Costa Rica gefahren. Das war sehr aufwendig.
Hier in Europa klingt alles so nah. Und doch war es eine ziemlich lange Anreise. Sonntagabend sind wir abgereist und Mittwoch erst angekommen. Zwei Nächte haben wir im Bus verbracht und waren ziemlich am Ende, als wir hier angekommen sind.
Das Ankommen am Strand hat für vieles entschädigt. Das war etwas Besonderes. Das hatten ich noch bei keinem Weltjugendtag. Das war cool.
Das Ankommen in den Gastfamilien ist immer wieder überraschend und auch dieses Mal war es besonders. Wie herzlich wir dort aufgenommen worden sind. Die kennen uns nicht, wir kennen die nicht. Und dann fällt man sich um den Hals und begrüßt sich ganz herzlich.
DOMRADIO.DE: Sie sind in diesem Jahr als Pilger mitgefahren, wollten in einer Gastfamilie untergebracht werden und alle Aktionen gemeinsam mit der Pfarrei machen, genauso wie die Jugendlichen. Warum war Ihnen das wichtig?
Schwaderlapp: Weil ich den Weltjugendtag mit den Jugendlichen, den Gastfamilien und der Pfarrei zusammen erleben will. Ich habe mich gefragt, wie ich diesen Weltjugendtag angehen will. Ich wollte ihn nicht für andere organisieren, sondern das miterleben, was unsere jungen Leute erleben, mich mit ihnen austauschen und die Eindrücke teilen.
Das ist sehr schön, auch wenn man total erschöpft ist. Wir stehen morgens früher auf, als wir Bock drauf haben. Aber dann haben wir die Zeit uns darüber auszutauschen, wie es am Abend in der Gastfamilie war, was die so ausmacht. Manche Familien waschen die Kleidung der Jugendlichen, uns hat die Gastfamilie ein Picknick gemacht, obwohl hier die Snacks frei rumliegen. Das sind alles so kleine Erlebnisse, die uns miteinander auf diesem Weg sein lassen. Das ist einfach schön.
DOMRADIO.DE: Wie war denn der Austausch für Sie mit den Gastpfarreien? Die sprechen kein Deutsch und die meisten deutschen Pilger kein Portugiesisch.
Schwaderlapp: So ähnlich war es schon in Panama. Die konnten dort zwar Spanisch, das kann ich aber nicht. Und die haben sehr genuschelt. Da mussten wir uns schon mit Händen und Füßen unterhalten.
Aber die Sprache Portugiesisch ist schon "starker Tobak". Wenn sie langsam reden, komme ich mit meinen Italienisch-Kenntnissen so weit aus. Dann verstehe ich worum es geht. Aber meine Gastmutter verstehe ich einfach nicht. Deren Tochter kann ein bisschen Englisch, ein bisschen Spanisch. Mit diesen ganzen Sprachen und Händen und Füßen, kommen wir dann doch gut zurecht.
DOMRADIO.DE: Das Motto des Weltjugendtages lautet "Maria stand auf und machte sich eilig auf den Weg". Inwiefern konnten Sie und die Jugendlich schon daran anknüpfen und vielleicht auch die Bedeutung von diesem Leitwort erfahren?
Schwaderlapp: Eilig war es bei uns nicht, aber wir haben uns auf den Weg gemacht. Wir haben uns miteinander auf den Weg gemacht, um, wie Maria, die Freude zu entdecken und zu teilen.
Maria läuft mit einer freudigen Botschaft eilig auf dem Weg zu ihrer Verwandten Elisabeth. Sie weiß, dass Elisabeth Mutter wird. Sie weiß, dass sie selber Mutter wird. Sie will diese Freuden teilen.
Und wir? So ein Weltjugendtag ist eine Entdeckungsreise der Freude. Wir suchen und finden, was uns wirklich froh macht. Wenn man das entdeckt, dann will man es auch teilen.
DOMRADIO.DE: Am Dienstag geht es weiter nach Lissabon, in die Hauptstadt. Anderthalb Millionen Pilger werden dort erwartet und auch Papst Franziskus reist extra an. Worauf freuen Sie sich am meisten?
Schwaderlapp: Ich kann das gar nicht genau sagen. Für mich sind beim Weltjugendtag immer die Erfahrungen der gemeinsamen Erschöpfung mit am schönsten. Das ist für mich sinnbildlich für den Lebensweg, der einen manchmal ans Limit bringt. Um dann festzustellen, dass man mit einer Gruppe unterwegs ist, die aufeinander achtet, jemanden den Rucksack abnimmt, wenn sie sieht, dass jemand nicht mehr kann, die sich umeinander sorgt, wenn jemand zu wenig getrunken hat, zu viel Sonne abgekriegt hat, keinen einzelnen Schritt mehr gehen kann.
Die Gruppe, die sich dann gemeinsam fragt, wie man das aufgefangen bekommt, wie man es hinbekommt, diese Person nicht alleine zu lassen, nicht hängen zu lassen, ist für mich wichtig.
Das sind für mich die Erfahrungen, die den Weltjugendtag ausmachen. Das Rahmenprogramm, die großen Liturgien und all das gehört mit dazu, aber für mich sind das die intensivsten Momente.
Das Interview führte Elena Hong.