Dort hat er das Jubiläumsprogramm der Stiftung zu ihrem 25-jährigen Bestehen vorgestellt. Gleichwohl sei das Schmährelief auch ein Appell, sich stärker mit Luthers Antisemitismus auseinanderzusetzen. Dies solle auch in der neuen Dauerausstellung der Stiftung, die derzeit konzipiert wird, mehr Raum einnehmen. "Es geht um die Schuld im Angesicht der 'Judensau'", so der Historiker.
Gemeinderat gegen Verbleib
Zuletzt hatte sich ein vom Gemeindekirchenrat einberufenes Expertengremium gegen den Verbleib der antijüdischen Skulptur an der Stadtkirche ausgesprochen. Es empfahl dem Gemeindekirchenrat, das Relief abnehmen zu lassen. Es solle "in enger räumlicher Nähe zur Kirche" präsentiert werden. Das Gremium will Ende August darüber beraten. Entscheidend für weitere Schritte sei auch das Einverständnis des Denkmalschutzes sowie der Unesco, da die Wittenberger Reformationsstätten zum Weltkulturerbe gehören.
Die Skulptur ist in etwa vier Metern Höhe an der Außenwand der Kirche angebracht. Dargestellt ist eine als Rabbiner karikierte Figur, die den Schwanz eines Schweins anhebt und das im Judentum als unrein geltende Tier von hinten betrachtet. Zwei weitere als Juden gezeigte Figuren saugen an den Zitzen. Eine vierte Figur hält Ferkel von der Muttersau fern. In Europa gibt es geschätzte 50 weitere ähnliche Darstellungen an Kirchen.
Gericht für Verbleib
Gegen den Verbleib der Skulptur am bisherigen Ort hatte ein Mitglied der jüdischen Gemeinschaft geklagt. Nach mehreren Vorinstanzen entschied der Bundesgerichtshof (BGH) Mitte Juni, dass die Schmähplastik nicht entfernt werden muss. Durch eine Bodenplatte und einen Schrägaufsteller unterhalb des Reliefs sei das Schandmal in ein Mahnmal umgewandelt. Dennoch erklärte der Gemeindekirchenrat anschließend, die Wortmeldungen zu dem Fall zeigten, "dass eine deutlichere Distanzierung der Kirchengemeinde vom Antisemitismus der Plastik nötig ist". Der Kläger legte nach seiner Niederlage Verfassungsbeschwerde ein.
Dem vom Gemeindekirchenrat berufenen Beirat gehörten neun Vertreterinnen und Vertreter der evangelischen Kirche, des Judentums und des Landes Sachsen-Anhalt an. Unter ihnen waren der Kulturbeauftragte der Evangelischen Kirche in Deutschland, Johann Hinrich Claussen, und der Vorsitzende der Allgemeinen Rabbinerkonferenz, Andreas Nachama.