Die "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" berichtete am Wochenende über ein Papier des Ökumenische Arbeitskreises evangelischer und katholischer Theologen (ÖAK).
Darin beharren die Experten darauf, dass Katholiken und Protestanten auf Basis einer Gewissensentscheidung künftig an den entsprechenden Abendmahls- beziehungsweise Eucharistiefeiern der jeweils anderen Konfessionen teilnehmen dürfen. Diese Position hatte der Arbeitskreis schon einmal 2019 in einer Studie mit dem Titel "Gemeinsam am Tisch des Herrn" vertreten. Im vergangenen Jahr wies die Glaubensbehörde des Vatikan dieses Ansinnen zurück.
Die Katholische Nachrichten-Agentur (KNA) beantwortet Fragen zu einer Diskussion, deren Ausgang konkrete Auswirkungen auf das Leben von Christen nicht nur in Deutschland haben wird.
Eucharistie und Abendmahl - was ist das?
Mit Abendmahls- und Eucharistiefeiern gedenken Christen des letzten Abendmahls Jesu vor seiner Kreuzigung. Dabei nehmen sie Brot und mitunter auch Wein zu sich - nach dem Vorbild Jesu und seiner Jünger. Die Evangelisten Matthäus, Markus und Lukas berichten, dass Jesus während des Mahls das Brot segnete, es brach und seinen Jüngern mit den Worten reichte: "Nehmt, das ist mein Leib." Danach nahm er einen Kelch mit Wein, den er ebenfalls seinen Jüngern weitergab. Dabei sagte er: "Das ist mein Blut."
Eucharistie - das Wort kommt aus dem Griechischen und heißt soviel wie "Danksagung" - und Abendmahl sind damit Dreh- und Angelpunkt für das christliche Glaubensleben. Der Empfang von Brot oder einer Hostie und Wein wird in der katholischen Kirche auch als Kommunion - vom Lateinischen "Communio" für "Gemeinschaft" - bezeichnet.
Wie unterscheidet sich das katholische vom protestantischen Verständnis des Abendmahls?
Nach katholischer Auffassung, die im Konzil von Trient (1545-1563) festgeschrieben wurde, ist Jesus Christus real in den Zeichen von Brot und Wein gegenwärtig, die dabei ihre "Substanz" ändern. Zuvor hatte Martin Luther (1483-1546) mit dieser Praxis gebrochen. Für ihn muss die "Wandlung" von Brot und Wein in Leib und Blut Christi geglaubt werden. Der Fachbegriff dafür lautet "Konsubstantiation". In den reformatorischen Kirchen wird mehr der Bekenntnis- und Gedächtnischarakter betont.
Hat das alles heute noch eine Bedeutung?
Ja - die katholische Kirche versteht die Gemeinschaft am Altar als Ausdruck der Einheit in Glaube und Lehre. Die Eucharistiefeier ist ein Sakrament und Höhepunkt des Gottesdienstes. Zum Kommunionempfang sind nur Katholiken sowie Mitglieder der unierten orientalischen Kirchen zugelassen. Lediglich in Ausnahmefällen - etwa in bestimmten Notlagen - dürfen Protestanten die Kommunion empfangen. Die reformatorischen Kirchen Europas praktizieren dagegen seit 1973 eine Abendmahlsgemeinschaft und laden dazu ausdrücklich andere Christen ein.
Zwar sind die theologischen Feinheiten vielen Christen kaum mehr vermittelbar. Aber wollen sie sich an die Regeln halten, dann bedeutet das beispielsweise für gemischt-konfessionelle Ehepaare, dass der protestantische Partner bei einem katholischen Gottesdienst vom Empfang der Kommunion ausgeschlossen bleibt.
Gibt es in den Kirchen Bestrebungen, daran etwas zu ändern?
Dies gehört zu den Anliegen des ökumenischen Dialogs. Ökumene - vom Griechischen "die gesamte bewohnte Welt" - bezeichnet das Miteinander der christlichen Kirchen und das Bestreben um deren Einheit. Nach Jahrhunderten der Trennung wäre ein gemeinsames Verständnis von Abendmahl und Eucharistie fundamental für eine Wiederannäherung.
In Deutschland, dem Land der Reformation, gehört der Ökumenische Arbeitskreis evangelischer und katholischer Theologen (ÖAK) seit 1946 zu den Stimmen dieses Dialogs. Er arbeitet auf wissenschaftlicher Basis eigenständig und unterrichtet sowohl die Bischofskonferenz wie auch den Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) regelmäßig über die Themen und die Ergebnisse seiner Gespräche.
Die dort versammelten Experten plädierten in einem 2019 veröffentlichten Dokument mit dem Titel "Gemeinsam am Tisch des Herrn" dafür, dass Katholiken und Protestanten auf Basis einer Gewissensentscheidung künftig an den entsprechenden Abendmahls-beziehungsweise Eucharistiefeiern der jeweils anderen Konfessionen teilnehmen dürfen. Daran halten sie nach wie vor fest.
Sagt der Vatikan etwas zur Position des ÖAK?
Der Vatikan erteilte im vergangenen Jahr gegenseitigen Abendmahls-Einladungen von Katholiken und Protestanten eine Absage. Die Unterschiede im Eucharistie- und Amtsverständnis seien "noch so gewichtig", dass sie eine Teilnahme katholischer und evangelischer Christen an der Feier der jeweils anderen Konfession derzeit ausschlössen. Auch für eine "individuelle Gewissensentscheidung" gebe es keine Grundlage, hieß es in einem Schreiben der Glaubenskongregation an den Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Georg Bätzing.
Nach Auffassung der obersten katholischen Glaubensbehörde sind einige Fragen des "katholischen Grundverständnisses von Kirche, Eucharistie und Weiheamt" in dem ÖAK-Dokument "nicht ausreichend geklärt". Eine Öffnung für eine eucharistische Mahlgemeinschaft mit der Evangelischen Kirche in Deutschland würde zum derzeitigen Stand "notwendigerweise neue Gräben im ökumenischen Dialog mit den Orthodoxen Kirchen" über Deutschlands Grenzen hinaus aufwerfen.
Wie geht es jetzt weiter?
Die katholischen deutschen Bischöfe wollen auf ihrer Frühjahrsvollversammlung über das weitere Vorgehen beraten. Sie werden weiter den Kontakt zum Vatikan pflegen. Laut "Frankfurter Allgemeiner Zeitung" denkt man zudem über eine interne Expertentagung mit Vertretern von evangelischen und orthodoxen Kirchen sowie eine internationale Tagung in Rom nach. Das alles lässt erahnen, welche weltkirchlichen Dimensionen Änderungen im Abendmahlsverständnis haben - und wie langwierig und mühsam sich die Debatte noch gestalten dürfte.