DOK-Vorsitzender sieht Chance in Kloster-Umnutzung

"Neue Lebendigkeit auf dem Gelände"

Die Rüdesheimer Abtei St. Hildegard soll umgestaltet werden. Das könnte durchaus Modellcharakter für viele Ordensgemeinschaften haben, die insgesamt kleiner werden. Die Ordensobernkonferenz sieht Chancen, aber auch Herausforderungen.

Autor/in:
Jan Hendrik Stens
Eine Nonne sitzt in der Kirche / © Milkovasa (shutterstock)
Eine Nonne sitzt in der Kirche / © Milkovasa ( shutterstock )

DOMRADIO.DE: Inwiefern ist die bauliche Umgestaltung und die damit einhergehende Verkleinerung von Konventen, Klöstern und Abteien ein Thema für die Orden in Deutschland? 

Bruder Andreas Murk  (DOK)
Bruder Andreas Murk / ( DOK )

Br. Andreas Murk OFM Conv. (Vorsitzender der Deutschen Ordensobernkonferenz, DOK): Das ist für viele Ordensgemeinschaften ein Thema. Jetzt, aber auch schon in früheren Zeiten, weil Klöster immer gewachsen sind, kleiner geworden sind, wieder gewachsen und kleiner geworden sind. Dann muss man sich auch entsprechend baulich anpassen. Das beschäftigt viele Gemeinschaften, die heute in der Tendenz meistens vor dem Problem stehen, ein zu großes Gebäude für weniger werdende Mitglieder zu haben.

DOMRADIO.DE: Kleinere Konvente in angemieteten Räumen werden ohne größere Probleme aufgelöst. Die Abtei St. Hildegard ist ein größerer Komplex mit mehreren Gebäuden. Gerade bei älteren Klöstern spielt auch der Denkmalschutz eine Rolle. Gibt es da bestimmte Auflagen? 

Br. Andreas: Ich hatte das Glück, dass ich mich in meiner Gemeinschaft noch nie um größere Denkmalschutzmaßnahmen kümmern musste. Aber ich weiß, dass gerade bei barocken Klosteranlagen der Denkmalschutz auch bei Renovierungsarbeiten eine echte Herausforderung ist. Der hat ja auch ein positives Anliegen, unabhängig von der Herausforderung, nämlich Kulturgüter zu schützen.

Br. Andreas Murk

"Viele Klöster und gerade diese alten Klöster gehören dann einfach auch zur Kulturlandschaft dazu."

Viele Klöster und gerade diese alten Klöster gehören dann einfach auch zur Kulturlandschaft dazu. Da gilt es dann, wenn solche Klöster und Kirchen aufgegeben werden, besonders achtsam damit umzugehen. Gerade wird in Bayern auf Landesebene überlegt, wie man auch im diözesanen Bereich mit nicht mehr benötigten Sakralgebäuden, die unter Denkmalschutz stehen, künftig umgehen will.

Das ist so ein Thema, das jetzt immer mehr virulent wird und was uns sicherlich in den nächsten Jahren noch deutlich mehr beschäftigen wird. 

Abtei "St. Hildegard" bei Rüdesheim, mitten in Weinbergen / © Harald Lueder (shutterstock)
Abtei "St. Hildegard" bei Rüdesheim, mitten in Weinbergen / © Harald Lueder ( shutterstock )

DOMRADIO.DE: Ist es da vielleicht für manche großen unter Denkmalschutz stehenden Klöster eine Erleichterung, wenn beispielsweise der Staat selbst Eigentümer ist und damit auch die Baulast trägt? 

Br. Andreas: Es gibt ja viele Klöster, das kenne ich jetzt von Bayern, wo die Klöster dem Staat gehören und dann hat der Staat die Baulast. Das hat immer Vor- und Nachteile für die Gemeinschaft. Aber in so einem Fall ist das dann einfacher, wenn das Kloster nicht der Gemeinschaft gehört, sondern man nur zur Miete wohnt oder dort ein Wohnrecht hat, weil es dann vor dieser Last befreit. 

DOMRADIO.DE: Die Orden sind ja zum Teil sehr unterschiedlich und haben mal einen caritativen und mal einen kontemplativen Schwerpunkt. Welche Bedeutung hat dies, wenn Teile der Einrichtungen nach einer Umgestaltung auch von Nicht-Ordensangehörigen genutzt werden? 

Br. Andreas: Das kann ich nicht allgemein beantworten. Da muss man wirklich immer schauen, wie die Struktur der Gebäude vor Ort ist. Ein Kloster kann aus vielen Einzelgebäuden bestehen, wo man dann vielleicht sehr einfach ein Gebäude abgeben kann. Weiter muss man sich fragen: Welche Art von neuer Nutzung findet man? Welche Zielgruppe kann man dort erreichen?

Br. Andreas Murk

"Für kontemplative Gemeinschaften ist es dann schon ein noch größerer Einschnitt, wenn sich die klösterliche Stille, das kontemplative Leben da plötzlich sich völlig neu formieren muss."

Besonders herausfordernd wird es für große Klosteranlagen in eher ländlichen Gebieten, wo eine andere Nutzung häufig herausfordernder ist als in einer Stadt. Auch für kontemplative Gemeinschaften ist es dann schon ein noch größerer Einschnitt, wenn sich die klösterliche Stille, das kontemplative Leben da plötzlich sich völlig neu formieren muss. 

DOMRADIO.DE: Inwiefern können Ordensgemeinschaften und ihr säkulares Umfeld von einer Umnutzung profitieren? 

Br. Andreas: Das ist ganz häufig sehr pragmatisch. Oft stellt sich zunächst die Frage, wie man einen klösterlichen Standort rein wirtschaftlich finanziell erhalten kann. Der Ort hat zwar eine zu groß gewordene Struktur, aber er ist aus irgendwelchen Gründen wichtig. Wenn ein Teil davon abgegeben wird und es Mieteinnahmen gibt, kann die wirtschaftliche Situation deutlich verbessert werden.

Es gibt wirklich gute Beispiele, wo dann noch einmal wirklich neues Leben ins Kloster kommt. Ich denke an ein Schwesternkloster in Würzburg. Die Schwestern haben ihr Areal in den letzten Jahren komplett neu geplant. Da gibt es jetzt ein Café, da gibt es neue Mieter. Das wirkt dann auch auf die Klostergemeinschaft zurück.

Br. Andreas Murk

"Das ist nicht zu unterschätzen, was da noch einmal auch für die Gemeinschaft dann an Positivem kommt."

Man ist da nicht nur unter sich, wenn gerade eine älter werdende Gemeinschaft da lebt, sondern sie kriegt noch einmal Impulse von außen, weil einfach eine neue Lebendigkeit auf dem ganzen Gelände ist. Das ist nicht zu unterschätzen, was da noch einmal auch für die Gemeinschaft dann an Positivem kommt. 

Das Interview führte Jan Hendrik Stens.

Deutsche Ordensobernkonferenz

Die Deutsche Ordensobernkonferenz (DOK) ist der Zusammenschluss der Höheren Oberen der Orden und Kongregationen in Deutschland. Die Verantwortlichen der General- und Provinzleitungen von Ordensgemeinschaften sowie der Abteien und selbständigen Einzelklöster in Deutschland haben sich in der DOK zusammengeschlossen, um ihre Interessen in Kirche und Gesellschaft gemeinsam zu vertreten und sich gegenseitig zu helfen, das Ordensleben in seinen vielfältigen Phasen und Aspekten und in den immer neuen Herausforderungen der sich wandelnden Zeit zu verwirklichen.

Symbolbild Ordensfrauen im Gottesdienst / © Jannis Chavakis (KNA)
Symbolbild Ordensfrauen im Gottesdienst / © Jannis Chavakis ( KNA )
Quelle:
DR