Dokument der Verachtung erscheint auf Deutsch

Frauen im Dschihad

Erstmals erscheint das Manifest der Kämpferinnen des "Islamischen Staates" auf Deutsch. Es ist ein Zeugnis davon, welche Rolle den Frauen im Dschihad zukommt: Heirat mit neun Jahren, Ganzkörperschleier und die Unterwerfung unter den Mann.

Mitglieder des IS  (dpa)
Mitglieder des IS / ( dpa )

Die Zahl der jungen Frauen, die aus Deutschland in den Dschihad nach Syrien und in den Irak ziehen, nimmt zu. Der Verfassungsschutz verzeichnet inzwischen 700 Dschihadisten, die ausgewandert sind, darunter rund 100 Frauen. Das britische "Institute for Strategic Dialogue" schätzt, dass sich insgesamt 550 Frauen aus dem Westen auf den Weg in das von der Terrormiliz "lslamischer Staat" kontrollierte Gebiet gemacht haben. Welche Rolle den Frauen im Dschihad zukommt, zeigt ein Manifest der IS-Kämpferinnen, das in der kommenden Woche erstmals auf Deutsch erscheint.

Im Internet tauchte dieses Manifest erstmals Anfang dieses Jahres auf. Britische Extremismusforscher der "Quilliam Foundation", einer anti-islamistischen Denkfabrik, übersetzten das Dokument ins Englische und stuften es damals als authentisch ein. Zielgruppe sind nach Ansicht des Thinktanks ursprünglich arabische Frauen. Der Freiburger Herder-Verlag veröffentlicht das Manifest, das den Titel "Die Frau im Islamischen Staat. Eine Botschaft und Erklärung der Brigade Al-Khanssaa" trägt, nun auf Deutsch - um einen kritischen Kommentar ergänzt.

Dienerinnen der Männer

Wer die Autorinnen hinter dem Manifest genau sind, ist dabei unklar. Die Verfasserinnen stünden für die Ideen des Islamischen Staates, sagt die islamische Theologin Hamideh Mohagheghi, die den Kommentar zu dem Manifest geschrieben hat. Dem US-amerikanischen Institut "Terrorism Research and Analysis Consortium" zufolge wurde die Al-Khanssaa-Brigade im Jahr 2014 auf dem von "Islamischen Staat" kontrollierten Gebiet gegründet. Die weiblichen Brigaden haben dort die Aufgabe, Gegner des IS zu enttarnen, die als Frauen verkleidet ins IS-Gebiet eindringen wollen. An Terroranschlägen sind sie explizit nicht beteiligt.

Das Manifest der Al-Khanssaa-Brigade sei "ein Dokument der Verachtung der modernen Lebensweise nach westlichem Vorbild sowie der Schmähung der angeblich dekadenten westlichen Welt und ihrer arabisch-muslimischen Verbündeten", schreibt die Paderborner Wissenschaftlerin Mohagheghi in ihrem Kommentar. Im Manifest der IS-Kämpferinnen heißt es dazu wörtlich: "Das Frauenmodell des ungläubigen Westens, das die Frauen aus dem Band des Heims entfesselte, zeigt sein Scheitern."

Und weiter: "Aus dem Märchen der 'Gleichberechtigung' zwischen Mann und Frau ernteten die Frauen letztlich nur Dornen." Für die Frauen, die sich dem IS anschließen, bedeutet das: Sie müssen sich in ein hierarchisches System fügen, in dem Männer Führergestalten sind und Frauen Dienerinnen, die den Männern gehorchen müssen.

Heirat mit neun Jahren

Erwerbsarbeit von Frauen wird verteufelt. Denn die Frauen sollen nicht arbeiten, sondern sich um Familie und Kinder kümmern. Eine Ausnahme ist der Dschihad: Die Frauen dürfen in den Krieg ziehen, "wenn der Feind ihr Land angreift, nicht genügend Männer vorhanden sind und die Rechtsgelehrten eine Fatwa gesprochen haben", heißt es in dem Papier.

Darüber hinaus enthält das Manifest weitere konkrete Anweisungen. Der Hidschab, der Schleier, ist für die Frauen Pflicht. Darüber hinaus empfehlen die IS-Kämpferinnen: "Das Alter von neun ist das angemessene rechtliche Alter, in dem das Mädchen zu einer Frau wird und heiraten kann. So heiraten die Frauen, bevor sie manipuliert werden." In ihrer Argumentation berufen sich die Autorinnen darauf, den einzig wahren Islam zu kennen und zu vertreten.

Das Manifest sei ein "Rekrutierungs- und vor allem Propaganda-Pamphlet", urteilt Mohagheghi. Über die Motivation der westlichen Dschihadistinnen, die Richtung Syrien und Irak auswandern, sagt sie: "In einer Welt, in der alles zunehmend komplizierter wird, ist das ein Angebot, das von Reflexion befreit und damit von eigener Anstrengung entlastet." Gerade die intellektuelle Einfachheit des "Islamischen Staates" sei ein Erfolgsfaktor, warnt sie. "Wer blind folgt, muss nicht selbst die Augen aufhalten."


Quelle:
epd