Mit einem Fotoapparat in der Hand sind sechs Männer und acht Kinder aus Syrien, Somalia, Guinea, Eritrea, Nigeria und den Balkanländern vergangenes Jahr durch die Straßen von Köln gezogen. Sie haben viel fotografiert: schöne, kuriose und für sie neuartige Dinge. "Beliebte Motive waren Autos, Vorgärten und Mülltonnen, weil sie es so schön ordentlich bei uns finden und wir solange wir Müll haben, auf eine Mülltonne warten und nichts auf die Straße werfen," erzählt die Autorin und Journalistin Heidrun Seeger.
In Absprache mit einem Wuppertaler Künstler hat sie mit ihrer Kollegin Cordula Echterhoff die Fotoaktion gestartet. Damit wollten sie ursprünglich die Lücke für ihre Videoreportage schließen, in der sie Flüchtlinge aus Köln-Brück begleitet und das Zusammenleben zwischen ihnen und Ehrenamtlichen der Initiative "Willkommen in Brück" gezeigt haben. Die Autorinnen wollten den Blick der Flüchtlinge flächendeckend abbilden und sie aktiv mit in ihre Arbeit einbeziehen. "Durch dieses Fotoprojekt hatten sie die Möglichkeit, immer ihren Blick auf uns, auf sich und ihr Leben in Deutschland festzuhalten“, betont Cordula Echterhoff.
Bilderserie zeigt Langeweile
Dabei sind richtige Fotoserien entstanden. "Ein Kind hat zum Beispiel seine ganzen Kuscheltiere liebevoll auf dem Boden oder vor dem Fenster drapiert und einzeln fotografiert. Auf dem letzten Bild sieht man dann einen Kleiderspind, in dem die ganzen Stofftiere auf engstem Raum zusammengestopft wurden." Cordula Echterhoff ist von dieser Bilderserie und dem Engagement des jungen Fotografen berührt.
Ein anderer Flüchtling hat seinen kompletten Tagesablauf in einer Fotoserie dokumentiert: Vom Aufstehen, über das Frühstück, den Abwasch bis zum Schlafengehen. "Das spricht Bände darüber, dass sie den ganzen Tag in ihrer Unterkunft sitzen und nichts zu tun haben. Sie dürfen nichts tun, wenn sie keine Erlaubnis haben. Sie haben vielleicht mal das Glück, dass sie ein Mal in der Woche bei den Ehrenamtlichen zum Sprachkurs gehen können, aber sie sterben vor Langeweile und das spürt man auch zwischen den Zeilen, wenn man sich die Fotos anschaut," erklärt Heidrun Seeger.
Selfie vom Nordpol
Sie wollen auf sich aufmerksam machen. Gift, ein neunjähriges Mädchen aus Nigeria macht das mit einem Selfie. Stolz und mit erhobenem Kopf schaut sie in die Kamera. Unter dem Foto hat sie geschrieben: "Gift – das heißt Geschenk. So wie man an Weihnachten Geschenke bekommt. Und ich komme vom Nordpol." "Es ist diese andere Perspektive, durch die wir mehr über die Menschen erfahren können, die wir in unserem Land aufgenommen haben," resümiert Heidrun Seeger mit Blick auf die gesamte Ausstellung, die noch bis zum 31. Januar im Domforum zu sehen ist.
Theresa Meier