domradio.de: Sie sprechen von einem ganz anderen Zaun als die Stadt?
Dompropst Prälat Gerd Bachner: Genau, die Stadt plant eine Schutzzone, die sich einerseits auf die Menschen konzentriert, dass nicht noch einmal so etwas vorkommt, dass Menschen hier belästigt werden und auf der anderen Seite, dass ein Dom nicht durch Raketen beschossen wird. Dass das alles jetzt in Blick genommen wird und man überlegt, wie können wir den Dom und das Domumfeld so gestalten, dass es eine sichere Zone für die Menschen ist an Silvester und dass die Menschen mit Freude nach Köln kommen, das finde ich einen guten Weg und dafür bin ich dankbar. Das ist das eine.
Das andere ist, dass wir als Dom natürlich auch überlegen, wie wir den Dom im Grunde ein Stückchen helfen können, wieder das Juwel zu werden, das er jetzt in der Domumgebung ist. Zu den Fragen der Domumgebung gehört auch, dass wir sagen, ein Juwel bedarf einer Einfassung. Salopp sprechen Menschen von einem Gitter, ich gebrauche die Worte "Gitter" und "Zaun" nicht, weil man sofort denkt: "Oh, was soll da abgezäunt werden? Der Dom ist doch unser Dom und den kann man nicht einsperren!"
domradio.de: Oder die Menschen aussperren, das ist ja das, woran man zuerst denkt.
Bachner: Nein, der Dom muss einen freien Zugang haben für die Touristen und er muss einen freien Zugang haben für die Religionsausübung, aber dieser unser Dom ist auch etwas zu Schützendes. Ich glaube, da finden wir eine Sensibilität für die Menschen. Da habe ich ganz viel Rückendeckung in der Bevölkerung gespürt: Was können wir tun, um den Dom zu schützen?
Es gibt es drei Gesichtspunkte. Erstens besteht durch die verschiedenen Sandsteine manche Steinschlaggefahr bis hin zu manchen nicht ganz ernstzunehmenden und trotzdem sehr schwerwiegenden Klettern, die da irgendwo wild klettern und etwas loslösen. Also so ganz um den Dom herum müssen wir auch ein bisschen einen Sicherheitsbereich haben für die Menschen.
domradio.de: Was sind die anderen beiden Schutzmaßnahmen?
Bachner: Das andere ist ein mir nicht angenehmes Thema, die sogenannte Wildpinkelei, grausam geradezu, weil es eine Respektlosigkeit einerseits ist und weil es andererseits sowohl unsere Bronzetüren als auch das Holz massivst angreift. Ganz zu schweigen von dem, was das für das Innere des Domes an Gestank bedeutet. Ich habe provisorisch diese Bauzäune errichten lassen, um dem Einhalt zu bieten, sowohl von der Zerstörung als auch vom Respekt her. Dazu gehört drittens auch das Stichwort "Vandalismus", das Leute einfach anfangen, mit ihrem Hämmerchen etwas von den Portalen abzuklopfen und mitzunehmen als Souvenir und kein Respekt und keine Ehrfurcht haben vor einem gotischen Gotteshaus. Der Dom ist das Wahrzeichen unserer Stadt. Da kann ich nicht drumherum machen, was ich will. Ob das Silvester ist oder über das Jahr. Der Dom braucht auch als Gotteshaus in seiner ganzen Würde, mit seiner ehrwürdigen Tradition einen Raum. Das ist der dritte Akzent, dem Dom, diesem Juwel, eine künstlerische Einfassung zu geben und da sind wir mit der Stadt im Gespräch und ich habe auch die Dombauhütte gebeten, künstlerische Entwürfe zu erarbeiten. Das Ziel ist, dass wir vielleicht Ende des nächsten Jahres schon einen Weg dafür haben - allerdings nur an der Nordseite. Im 19. Jahrhundert war der ganze Dom mit einem Gitter versehen und derzeit haben wir ja auch an der Südseite dieses künstlerisch gestaltete Gitter und jetzt denken wir über solch ein gestaltetes Gitter für die Nordseite nach, also zum Bahnhof hin, aber natürlich mit freiem Zugang zu den Portalen. Um hauptsächlich dann für die Nacht den Dom, den wir schätzen, auch zu schützen.
Das Interview führte Silvia Ochlast.