Es wird schon nicht so schlimm werden, dachten sich die meisten Filipinos am Morgen des 7. November 2013, als Meteorologen erste Unwetterwarnungen veröffentlichten. Tropische Stürme sind die Menschen auf den Philippinen gewohnt, doch Taifun Haiyan – der dort Yolanda genannt wird – übertraf alles, was sie vorher erlebt hatten: "Es hieß, er habe Stärke 3, das ist schon ziemlich stark. Und dann erklärten die Experten: Das wird ein Super-Taifun! Und wir dachten alle: was wird das nur werden?", erinnert sich Schwester Celine Saplala.
Die Missions-Benediktinerin ist stellvertretende Leiterin des renommierten St. Scholastica’s College in Manila. Die philippinische Hauptstadt liegt fernab der Region, in der Haiyan wütete, doch sie verfolgt an jenem Tag gebannt die Nachrichten: "In der Nacht zum 8. November begann starker Regen und am nächsten Morgen sahen wir im Fernsehen die Bilder aus Tacloban: Alle Häuser waren dem Erdboden gleich gemacht, nichts stand mehr!"
Kein Lebenzeichen von den Schwestern
Mit Geschwindigkeiten von 300 Kilometern pro Stunde und meterhohen Flutwellen war der Taifun über die Inseln Leyte und Samar im Osten der Philippinen hinweggefegt, mehr als 6.000 Menschen starben, vier Millionen wurden obdachlos.
Schwester Celines erster Gedanke gilt den Menschen in Tacloban und ihren Mitschwestern, die in Tacloban eine Schule und ein Krankenhaus unterhielten. "Wir konnten sie nicht anrufen, weil das Telefonnetz zusammengebrochen war und machten uns große Sorgen, denn unsere Schule lag nahe der Küste", erzählt sie.
Während die internationale Hilfe anläuft, treffen auch bei den Schwestern im St. Scholastica’s College immer mehr Spenden aus der Nachbarschaft ein. Essen, Konserven, Milchpulver, Schokolade, Kleidung - alles sammeln sie. Doch wie sollten die Spenden nach Tacloban gelangen, wo auch der Flughafen in Trümmern lag? Die Schwester lächelt schlau: "Unser Glück war es, dass der Chef von Air Asia ein ehemaliger Schüler von uns war. Er erklärte sich sofort bereit, alles auf die Nachbarinsel Cebu zu transportieren."
Bis heute im Provisorium
In Manila wird Schwester Celine zur Krisenmanagerin: Sie koordiniert, schreibt Mails, telefoniert, sammelt Spenden, gibt Interviews. "Wir bekamen unglaublich viel Hilfe von ehemaligen Schülern. Aus dem ganzen Land erreichten mich Anrufe von Menschen, die helfen wollten und die Spenden sammelten!", erzählt sie. Nur von ihren Mitschwestern fehlt weiterhin jedes Lebenszeichen: "Sechs Tage vergingen. Wir schickten immer weiter Spenden, ohne dass wir wussten, ob sie überhaupt ankommen. Wir wollten die Lieferungen schon einzustellen, als am Donnerstag - fast eine Woche später - endlich der Anruf kam: Unsere Mitschwestern lebten! Sie hatten sich in unserem Krankenhaus in Sicherheit gebracht. Die Schule wurde vollkommen zerstört. Wären sie dort geblieben, hätten sie nicht überlebt.
Heute, drei Jahre später, sind die Spuren des Taifuns in Tacloban noch zu sehen. "Nach wie vor leben viele Menschen in provisorischen Zelten. Die meisten mussten ihre Häuser selbst wieder aufbauen", sagt Schwester Celine. "Ohne Hilfe, notdürftig aus den Resten der Trümmer, oftmals wieder in den Gefahrenzonen nahe der Küste."
Von der Nothilfe zum Wiederaufbau
Die damalige Regierung unter Präsident Aquino, hatte zugesagt, über 200.000 neue, sichere Häuser für die Obdachlosen zu bauen. Doch gerade erst musste Vizepräsidentin Leni Robredo, zuständig für Wohn- und Stadtentwicklung, eingestehen: Bislang wurden gerade einmal 2.500 Häuser fertiggestellt und bezogen. "Auch wir wurden irgendwann ungeduldig, weil nichts voranging, die Bürokratie und die Korruption lähmt den Wiederaufbau." Und die nächste Katastrophe ist nur eine Frage der Zeit: Keine Region auf der Welt ist so stark von Wirbelstürmen betroffen, wie die Philippinen, und durch den Klimawandel nehmen sie an Stärke zu.
Daher beschlossen die Missions-Benediktinerinnen die Nothilfe in Wiederaufbauhilfe umzuwandeln und Häuser für obdachlos gewordene Familien zu bauen - sichere Häuser, die auch den nächsten Wirbelsturm aushalten.
Erste Familien sind eingezogen
Mit Unterstützung der päpstlichen Missionswerke missio München und missio Aachen entstand in Palo, dem Sitz der Diözese, die Siedlung "San Benito": Die ersten von 60 Familien sind bereits in die Häuser eingezogen. Sie sind an einem vor Überflutungen sicheren Ort errichtet worden und auf dem Grundstück können die Familien Gemüse anbauen und Tiere halten.
Angesichts von Millionen Obdachlosen ist das nur eine kleine Hilfe. Das wissen auch die Missions-Benediktinerinnen, zumal viele Menschen ihre wirtschaftliche Grundlage verloren haben: Ernten wurden zerstört, Ladenlokale und Fischerboote ebenso. "Obwohl sie alles verloren haben, trotz der schweren Schicksalsschläge, glauben sie fest, dass Gott sie nicht fallen lässt", sagt Schwester Celia. Die Philippinen sind eines katholischsten Länder Asiens. Und manchmal ist die Missions-Benediktinerin selbst beeindruckt von dem tiefen Glauben: "Sie geben nicht auf und sie danken Gott dafür, dass er sie gerettet hat. Jedes Mal, wenn ich zu ihnen gehe und ihnen begegne, fühle ich mich gesegnet."