domradio.de: Sie waren über Ostern selbst an Bord des Schiffes der "Migrant Offshore Aid Station", kurz MOAS: Was für ein Erlebnis war das?
Pfarrer Regamy Thillainathan (Leiter der Diözesanstelle "Berufe der Kirche" im Erzbistum Köln): Es waren beeindruckende und bewegende Tage, die mich an meine persönlichen Grenzen gebracht haben. Ich bin aber sehr dankbar, dass ich diese Erfahrung machen und Menschen kennenlernen durfte, die mit MOAS unterwegs sind, um der Welt zu zeigen, dass die Hoffnung nicht stirbt.
domradio.de: Was erlebt man auf dem Schiff?
Regamy: Ich habe in diesen Tagen leider viel Verzweiflung mitbekommen: zum einen auf Seiten der Menschen, die versuchen, ein neues Leben, eine neue Heimat und überhaupt das Leben zu finden. Andererseits habe ich auch die Verzweiflung gespürt von all denen, die helfen wollen. Denn die Helfer haben gemerkt, dass in dieser Welt nicht alles auf die Würde des menschlichen Lebens ausgerichtet ist, sondern dass viele finanzielle, persönliche und politische Interessen dazu kommen, die es manchmal fast unmöglich machen, menschliches Leben zu retten.
domradio.de: Seit drei Jahren gibt es MOAS und die Organsiation wird auch vom Erzbistum Köln aktiv unterstützt. Ausgangspunkt war der Papstbesuch auf Lampedusa vor drei Jahren. Wie kam die Verbindung zwischen dem Erzbistum und MOAS zustande?
Regamy: Das lag alles an unserem Erzbischof: Kardinal Woelki hat MOAS von Anfang an unterstützt und begleitet. MOAS selbst sagt, dass unser Erzbischof auch ein Gründungsmitglied ist; er hat die Idee mitgetragen und hat sich mit viel Unterstützung und Gebeten für die Rettungsmaßnahme stark macht.
domradio.de: Wie sieht seine Unterstützung konkret aus?
Regamy: Die meisten bekommen nur mit, dass Geld fließt, aber der Erzbischof steht darüber hinaus in einem ganz engen Kontakt mit MOAS. Viele Entscheidungen, die MOAS trifft, begleitet er von Anfang an mit und unterstützt sie inhaltlich sowie geistig. Deswegen war ich auch an Ostern mit dabei: Die Mitarbeiter von MOAS hatten den Erzbischof gebeten, jemanden zu senden, der die Ostertage geistig begleitet.
domradio.de: Wir hätten auch gern mit MOAS selbst gesprochen. Das war aber nicht möglich. Warum?
Regamy: Wir müssen sagen, dass die politische Situation aktuell sich neu darstellt. Es gibt neue Verhandlungen seitens der EU mit Libyen, es gibt neue Interessen. Wir stehen auch in einigen Ländern vor Wahlen, wie zum Beispiel hier in Deutschland. Das macht die Sache natürlich heikel. Darum haben wir uns entscheiden, die Lage erst mal zu sondieren. Das geschieht von Malta aus in ganz enger Abstimmung mit dem Erzbischof. In den kommenden Tagen werden wir uns aber noch mal zu Wort melden und vor allem wird MOAS eine Stellungnahem abgeben.
domradio.de: Drei Jahre Moas - wie sieht Ihre Bilanz aus?
Regamy: Ich glaube, es geht nicht darum zu schauen, wie viele Menschen MOAS wo gerettet hat oder nicht retten konnte. Man muss verstehen, dass MOAS dafür steht, dass wir Christen nicht zulassen dürfen, dass die Hoffnung stirbt. MOAS ist für mich ein Schlachtschiff der Hoffnung: Es geht darum, dorthin zu gehen, wo Menschen um ihr Leben kämpfen. Denn da, wo die Menschlichkeit zu sterben scheint, dürfen wir als Christen und als Katholiken nicht zulassen, dass die Hoffnung der Menschen stirbt. Solange wir also um diese Hoffnung kämpfen müssen, wird MOAS auf irgendeine Art und Weise fortbestehen müssen. Wir können nicht anders.
Das Interview führte Renardo Schlegelmilch